65. Jahrestag der Zerstörung Dresdens:Tausende bei Menschenkette

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10.000 Dresdner haben in einer Menschenkette an die Bombadierung Dresdens gedacht und gegen einen Aufmarsch von Neonazis demonstriert.

Die Zivilgesellschaft setzt ein Zeichen: Mehrere tausend Teilnehmer haben am Samstag in Dresden mit einer Menschenkette um die Altstadt an die Bombardierung der Stadt durch die Alliierten im Zweiten Weltkrieg erinnert. Mit der Aktion auf knapp drei Kilometern protestierten 10.000 Menschen auch gegen die Vereinnahmung des Gedenkens durch Rechtsextremisten. In Dresden versammelten sich zeitgleich Neonazis zu einem Aufmarsch.

Demonstranten auf dem Theaterplatz vor der Semperoper. (Foto: Foto: dpa)

Neben den beiden Dresdner Bischöfen Jochen Bohl und Joachim Reinelt beteiligten sich an der Menschenkette unter anderem Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Landesrabbiner Salomon Almekias-Siegl. "Bevor Dresden brannte, brannte Sempers Synagoge, brannten Warschau, Rotterdam und Coventry. Das niemals zu vergessen ist unsere Pflicht", sagte die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz.

Auch bei der Versammlung der Neonazis am Neustädter Bahnhof haben sich Tausende Demonstranten den Rechtsextremisten entgegengestellt. Den Zug der Neonazis durch die Neustadt konnten sie dadurch zunächst zu verhindern.

Einige Demonstranten hatten kurz nach neun Uhr die Gleise zwischen dem Neustädter Bahnhof und dem Hauptbahnhof blockiert, so dass der Bahnverkehr zwischenzeitlich komplett eingestellt werden musste. Erst nach 12 Uhr konnten die Züge wieder verkehren.

Neonazis kamen bislang weniger als erwartet. Etwa 1000 versammelten sich in der Innenstadt. Etliche erreichten wohl noch nicht ihr Ziel, waren von der Polizei angehalten worden oder kamen zu Fuß zum Demonstrationsort, der nach Augenzeugenberichten zwischenzeitlich von Gegendemonstranten umschlossen war.

Die Polizisten - insgesamt sollen 5000 Beamte aus dem gesamten Bundesgebiet im Einsatz sein - setzten Konfliktmanager ein. Ein Polizeisprecher beschrieb die Stimmung vor Ort als abwartend.

Alle Gegendemonstrationen sollten eigentlich in der Altstadt auf der anderen Seite der Elbe stattfinden. Zum Jahrestag der Bombardierung fand dort auf dem Theater- und dem Postplatz ein Friedensgebet statt, an dem sich etwa 500 Menschen beteiligten und das rund 80 Blechbläser musikalisch gestalteten.

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Katrin Göring-Eckardt, Präses der EKD-Synode. Auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth war anwesend. Am Rande des Friedensgebets wurde nach Augenzeugenberichten eine Person aus dem linken Spektrum festgenommen.

Menschenkette mit weißen Rosen

Gegen 13 Uhr formierte sich eine Menschenkette, die mit weißen Rosen symbolisch die Altstadt gegen Rechtsextremisten abriegeln und damit ein Zeichen für die Überwindung von Krieg, Rassismus und Gewalt setzen wollte.

Das breite Bündnis gegen Rechts, das von Oberbürgermeisterin Helma Orosz angeführt wurde, hoffte auf mehrere tausend Teilnehmer.

Bereits am Morgen war der Bahnhof von mehreren Hundertschaften der Polizei weiträumig abgesperrt worden. Über der Innenstadt kreisen Polizeihubschrauber. An Kreuzungen und Plätzen stehen Polizei- und Mannschaftswagen bereit.

Gegner des Aufstands der Neonazis hatten trotz Verbotsverfügungen Blockaden aufgerufen, um den Zug der Rechtsextremen zu behindern. "Dieses Jahr stoppen wir die Nazis", rief die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, auf einer Kundgebung.

Der Aufmarsch Rechtsextremer überschattet das Gedenken, die Behörden rechnen mit bis zu 8000 Neonazis aus ganz Deutschland und dem Ausland. Aus Protest wollen Tausende Bürger eine Menschenkette in der Altstadt bilden.

Kranzniederlegung ohne Zwischenfall

Währenddessen begannen die Gedenkveranstaltungen zur Bombardierung Dresdens. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Oberbürgermeisterin Helma Orosz (beide CDU) legten auf dem Heidefriedhof Kränze nieder. Am Abend finden Gottesdienste und Konzerte der Dresdner Orchester statt. Man will der Opfer des Bombardements auf Dresden erinnern.

In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 hatten britische und US-amerikanische Bomberstaffeln Dresden angegriffen. Das Bombardement - insgesamt mehr als 3700 Tonnen Bomben - forderte 25.000 Menschenleben, 25.000 Häuser und 90.000 Wohnungen wurden von den Flammen zerstört. Der Brand zerstörte die Dredner Innenstadt von Renaissance- und Barockbauten geprägt fast vollständig. Insgesamt brannte auf zwölf Quadratmetern alles ab. Semperoper,Residenzschloss oder Zwinger waren größtenteils zerstört. Die Frauenkirche stürzte am 15. Februar in sich zusammen.

© sueddeutsche.de/dpa/afp/cko/berr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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