100. Geburtstag von Erich Honecker:Honni, eine Witzfigur

Mit Kontrolle, Unterdrückung und grotesker Realitätsverleugnung regierte Erich Honecker knapp 18 Jahre die DDR. Oft wurde "Honni" zur Zielscheibe von Spott. Pünktlich zum 100. Geburtstag erscheint das satirische Buch "Es war einmal ein Generalsekretär". Auszüge aus der Sammlung der besten Honnecker-Witze.

Juliane Meißner

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Erich Honecker - vom Dachdecker zum DDR-Staatschef

Vor 100 Jahren wurde Erich Honecker geboren

Quelle: dapd

Mit Kontrolle, Unterdrückung und Augenwischerei regierte Erich Honecker knapp 18 Jahre die DDR. Gerade deshalb wurde er zur Zielscheibe von Spott. Sein Geburtstag jährt sich nun zum 100. Mal. Dazu veröffentlichte der Eulenspiegel Verlag die Witzesammlung "Es war einmal ein Generalsekretär".

Am Vorabend der Jubel-Kundgebung zum 40. Jahrestag der DDR spazieren Honecker und Mielke über den Berliner Marx-Engels-Platz. "Ob wir den morgen voll bekommen?", fragt Honecker. Antwortet Mielke: "Mit Sicherheit."

Pomp trotz Zerfall: Die DDR ist im Herbst 1989 dabei, sich aufzulösen. Staatschef Erich Honecker lässt zum 40. Jahrestag der Staatsgründung dennoch eine riesige Militärparade abhalten. Zu diesem Zeitpunkt regiert Honecker die DDR schon fast zwei Jahrzehnte. 1971 ist er Nachfolger von Walter Ulbricht geworden, als Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED.

Geboren wird Honecker 1912 im saarländischen Wiebelskirchen. Der gelernte Dachdecker wird 1937 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu zehn Jahren Haft verurteilt. 1945 befreit ihn die Rote Armee aus dem Gefängnis. Kurz danach lernt er Walter Ulbricht kennen, der ihn mit dem Vorsitz der FDJ, der Jugendorganisation der SED, betraut.

In der 1949 gegründeten DDR macht er schnell Karriere. 1950 wird er Mitglied des Politbüros, seit 1958 ist er Sicherheitssekretär des Zentralkomitees. Der Bau der Mauer im Jahr 1961 wird maßgeblich von Honecker geplant.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Honecker und der Lauf des Sozialismus

Witze-Buch zum Honecker-Jahrestag

Quelle: dpa

Erich Honecker hält eine Rede zur Entwicklung des Sozialismus. "Liebe Genossinnen und Genossen", verkündet er lautstark, "die Entwicklung des Sozialismus ist nicht aufzuhalten! Schon heute bedeckt der Sozialismus ein Fünftel unserer Erde! Und schon bald wird es ein Sechstel, ein Siebtel, ein Achtel, ein Neuntel und ein Zehntel sein!"

"Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf", diesen Satz soll Honecker im August 1989 in Erfurt gesagt haben - zu einem Zeitpunkt als die Erosionserscheinungen des DDR-Regimes bereits unübersehbar waren. Massen von unzufriedenen DDR-Bürgern gingen bei den Montagsdemonstrationen gegen das Regime auf die Straße und unter dem seit 1985 amtierenden Staats- und Parteichef Gorbatschow ließ auch die Unterstützung aus der Sowjetunion immer mehr nach.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Erich und Margot Honecker

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Quelle: AFP

Nach Erichs Abdankung müssen die Honeckers nach Marzahn umziehen. Vor dem Auszug aus Wandlitz geht Margot noch einmal in die Wandlitzer Kaufhalle und kauft ein. Nach einer Woche in der neuen Wohnung ist der Kühlschrank leer. Margot geht einkaufen und kommt mit fast leerem Netz nach Hause. "Stell dir das nur vor, Erich", schimpft sie. "Kein Filet, kein Räucheraal, keine Mangos, nicht einmal Bananen und Kiwis gab es!" Meint Honecker: "Siehst du, kaum bin ich eine Woche nicht mehr im Amt, da gibt es schon nichts mehr zu kaufen."

Familie Honecker lebte sehr luxuriös in der sogenannten Waldsiedlung nahe Wandlitz, im Norden Berlins. Der bewachte Wohnkomplex war Ende der fünfziger Jahre extra für Mitglieder des Politbüros gebaut worden. In der Siedlung gab es auch spezielle Einkaufsmöglichkeiten, bei denen die DDR-Oberen Luxusartikel, Frischobst und Westprodukte kaufen konnten. Die normalen DDR-Bürger hatten dagegen oft große Probleme, an bestimmte Nahrunsgmittel zu kommen. Sinnbild für den Mangel, besonders bei exotischen Südfrüchten, war die Banane.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Helmut Schmidt und Erich Honecker

Witze-Buch zum Honecker-Jahrestag

Quelle: dpa

Honecker will Urlaub machen und fragt Helmut Schmidt, ob er ihn nicht vertreten könne. Schmidt ist einverstanden und fragt, ob es Probleme gebe, die er in dieser Zeit lösen könnte. Honecker nennt erstens das Versorgungsproblem, zweitens das Wohnungsproblem und drittens: "Es gehen immer noch zu viele SED-Genossen in die Kirche." Nach drei Wochen kehrt Honecker zurück und fragt Schmidt: "Hast du meine Probleme lösen können?" "Das war ganz leicht. Versorgungsproblem gelöst - Ostgrenze geschlossen. Wohnungsproblem gelöst - Westgrenze geöffnet." "Und das Kirchenproblem?", fragt Honecker erstaunt. "Das war ganz leicht. Ich habe in allen Kirchen dein Bild aufhängen lassen, seitdem lässt sich da keiner mehr sehen."

Zusammen mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt besucht Honecker 1981 Brandenburg und die mecklenburgische Stadt Güstrow. Pedantisch hat das Ministerium für Staatssicherheit dafür gesorgt, dass die DDR-Bürger nicht dem falschen Regierungschef zujubeln. So, wie 1970 in Erfurt, als eine euphorisierte Menschenmenge auf dem Erfurter Bahnhofsplatz den Bundeskanzler Brandt mit "Willy, Willy"-Rufen empfing. Das Glück der DDR-Führung war nur, dass auch DDR-Ministerpräsident Stoph mit Vornamen Willy hieß, doch bald schallte es eindeutig und immer lauter: "Willy Brandt! Willy Brandt!"

Derartiges soll sich in Güstrow auf gar keinen Fall wiederholen. Die Einwohner werden durch Statisten ersetzt. Auch Kritiker aus den Reihen der Kirche sind nicht erwünscht.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Raus aus der DDR

20 Jahre Mauerfall

Quelle: dpa

Erich Honecker kommt auf den Alexanderplatz, sieht eine Menschenschlange und stellt sich an. Nach einer Weile dreht sich der Vordermann um, schaut erstaunt Honecker an und geht weg. Der nächste dreht sich um, der übernächste, der überübernächste. Nach und nach gehen alle weg. Beim allerletzten fragt Erich: "Wonach steht ihr hier eigentlich an und warum geht ihr alle weg?" "Nach Ausreiseanträgen. Aber wenn auch du einen stellst, können wir ja hierbleiben."

Nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 gibt es für die Bewohner Ostdeutschlands kein Halten mehr. Endlich stehen die Grenzen jedem offen. Doch bereits in den Monaten zuvor hatten zahlreiche DDR-Bürger das Land gen Westen verlassen.

Die ungarische Regierung hatte am 19. August ihre Grenze zu Österreich geöffnet. Zehntausende nutzen dieses Schlupfloch im Eisernen Vorhang, um über die Tschechoslowakei, Ungarn und Österreich nach Westdeutschland zu flüchten.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Margot und Erich Honecker im Palast der Republik

Eröffnung des Palastes der Republik, 1976

Quelle: DPA

Erste Volkskammertagung im neu erbauten Palast der Republik. Genosse Meier aus Suhl meldet sich zu Wort und fragt: "Genosse Honecker, ich habe zwei Fragen: Was hat der Palast gekostet, und wie viele Wohnungen hätte man dafür bauen können?" Nach der Mittagspause meldet sich Genosse Lehmann aus Leipzig: "Genosse Honecker, ich habe drei Fragen: Was hat der Palast gekostet, wie viele Wohnungen hätte man dafür bauen können, und wo ist denn der Genosse Meier aus Suhl geblieben?"

Glanzvolle Eröffnungsfeier im Palast der Republik: Zum "Ball der Erbauer" gibt sich die Politprominenz des Landes 1976 die Ehre, darunter auch das Ehepaar Honecker. Unter den 4000 Gästen sind außerdem Handwerker und Bauarbeiter. Die Kosten des Kulturhauses, in dem ebenso die Volkskammer tagte, sind bis heute nicht bekannt.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Leonid Breschnew und Erich Honecker

20 Jahre Mauerfall

Quelle: dpa

Erich Honecker ist zu Besuch bei Leonid Breschnew in Moskau. Der schenkt ihm einen Anzug, der wie angegossen passt. Als Honecker den Anzug in Berlin anzieht, sind Ärmel und Hosenbeine zu kurz. "Da kannst du mal sehen", sagt Margot, "wie klein du dich immer in Moskau machst."

Sozialistischer Bruderkuss: So begrüßen sich der sowjetische Staas- und Parteichef Leonid Breschnew und Erich Honecker 1979 auf der Feier zum 30-jährigen Bestehen der DDR. Dieses Motiv zählt zu den bekanntesten der East Side Gallery in Berlin. Die Sowjetunion gilt damals als "großer Bruder" der DDR. Es geht dabei nicht nur um ein Vetrauenverhältnis innerhalb der Staatengemeinschaft. Moskau gibt eine strikte politische Leitlinie vor. In der 1968 verkündeten Breschnew-Doktrin wird den sozialistischen Ländern des Ostens lediglich eine "beschränkte Souveränität" zugestanden. Erst 1989 wird die Doktrin von Gorbatschow aufgehoben.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Erich Mielke und Erich Honecker 1985

New exhibition concerning the Stasi

Quelle: dpa

Am Montag im ZK. Erich Mielke, erzählt vom letzten Fußballpiel. "Dynamo hat gestern fantastisch gespielt! Zwei Tore haben unsere Spieler geschossen! " Fragt Honecker: "Und wie ging das Spiel aus!" Mielke: "1:1"

Erich Honecker verleiht seinem langjährigen Vertrauten Erich Mielke die Karl-Marx-Medaille. Dieser hat sich um "den Kampf gegen die Feinde des Sozialismus" verdient gemacht. Erich Mielke war Chef der Staatssicherheit und 36 Jahre Vorsitzender der Sportvereinigung Dynamo.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Helmut Kohl und Erich Honnecker in Bonn

Helmut Kohl wird 80

Quelle: dpa

Als Helmut Kohl und Erich Honecker zusammentreffen, unterhalten sie sich über ihre Hobbys. Kohl: "Ich sammle Witze, die man über mich macht." Darauf Honecker: "Und ich sammle die, die Witze über mich gemacht haben."

Honecker wird 1987 bei seinem Besuch in Bonn mit allen diplomatischen Ehren empfangen. Damit ist das SED-Regime am Ziel seiner Anerkennungsbemühungen. Zu Honeckers größtem Erfolg zählt außerdem die Anerkennung der DDR als vollwertiges Mitglied der UNO im Jahr 1973.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Erich Honecker 1992 während seiner Flucht in Moskau

Erich Honecker

Quelle: dpa

Bush, Gorbatschow und Egon Krenz haben vom ewigen Streit die Nase voll und beschließen, sich 50 Jahre lang einfrieren zu lassen. Als sie nach 50 Jahren aufgetaut werden, besorgt sich jeder eine Zeitung seines Landes. Bush liest in der Washington Post und fällt tot um. Schlagzeile: "General Motors gewinnt sozialistischen Wettbewerb." Gorbatschow liest in der Prawda und stürzt ebenfalls tot zu Boden. Auf der ersten Seite steht: "Erneut Streitigkeiten an der polnisch-chinesischen Grenze." Krenz liest im Neuen Deutschland und stirbt unter Krämpfen - Schlagzeile: "Wir gratulieren unserem Staatsratsvorsitzendem Erich Honecker zum 130. Geburtstag! "

Wegen Korruption und Totschlag werden Erich Honecker und andere SED-Funktionäre nach der Wende vor Gericht gestellt. Honecker flieht darauf nach Moskau (hier beim Verlassen der chilenischen Botschaft). Viele seiner Genossen hatten noch zu seiner Amtszeit die Befürchtung, dass er das Amt bis zu seinem Tod innehaben würde.

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100. Geburtstag von Erich Honecker:Honecker im Flugzeug nach Chile

Erich Honecker

Quelle: dpa

Reagan, Breshnew und Honecker sitzen im Flugzeug und stürzen über einem Dschungel ab. Sie geraten in die Hände von Kannibalen. "Ich bin der mächtigste Mann der westlichen Welt", erklärt der US-Präsident. Es nützt ihm nichts, der Häuptling bleibt unbeeindruckt und befiehlt: "Ab in den Kessel." "Ich bin der mächtigste Mann der östlichen Welt", erklärt der Kreml-Chef. Der Häuptling meint nur: "Ab in den Kessel." Honecker hat schon mit dem Leben abgeschlossen, zittert vor Angst und sagt kleinlaut: "Ich bin der mächtigste Mann in der DDR." Da geht ein Jubelschrei durch den ganzen Stamm, die Kannibalen fangen an zu tanzen und stoßen schrille Freudenrufe aus. "Was ist denn los?", fragt Honecker. Darauf der Häuptling: "Na, von euern Soli-Spenden haben wir doch den schönen Kessel gekauft!"

Honecker fliegt 1993 zu seiner Frau Margot und der gemeinsamen Tochter Sonja nach Chile. Der Haftbefehl gegen den ehemaligen Regierungschef war kurz vorher wegen schwerer Krankheit aufgehoben worden. Honecker stirbt 1994 im Exil.

© sueddeutsche.de/jum/beitz/olkl
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