Zugspitze:Sonnenschirm für den Gletscher

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Der Rekordsommer 2003 hat dem Schneeferner stark zugesetzt. Jetzt sollen weiße Isoliermatten 6000 Quadratmeter des kostbaren Neuschnees vor dem Schmelzen schützen.

Von Angelika Hoch

So stark wie noch nie schmolz der Schneefernergletscher auf der Zugspitze im vergangenen Super-Sommer. Der Verlust könnte heuer zumindest zum Teil wieder wett gemacht werden. Denn reichlich Schnee gibt es bis in diese Julitage hinein. Während es am vergangenen Wochenende im Tal immer wieder regnete, fiel oben auf der Zugspitze Neuschnee.

Mit weißen Folien wird Deutschlands einziger Gletscher auf der Zugspitze bei Garmisch-Partenkirchen abgedeckt und so vor dem Abschmelzen bewahrt. (Foto: Foto: dpa)

Um das kostbare Weiß bis zum Beginn der Wintersaison zu konservieren, decken Mitarbeiter der Bayerischen Zugspitzbahn AG (BZB) derzeit den Gletscher samt Auflage mit speziellen Isoliermatten ab, um ihn so vor der Sonne und vor warmem Regen zu schützen. Über 6000 Quadratmeter Gletscheroberfläche erhalten diesen ungewöhnlichen Sonnenschutz.

Bis zu drei Meter mehr Schnee könnten mit dieser Methode vor dem Schmelzen bewahrt werden, erklärt BZB-Sprecherin Stefanie Vogel. An ungeschützten Stellen tauen in normalen Sommern "so zwei bis drei Meter ab". Die Gletscherrettung dient der Umwelt, aber auch dem Geschäft des Bergbahnunternehmens.

Sommerschnee für die Wintersaison

Der heuer so reichlich gefallene "Sommerschnee" kann überall dort im Skigebiet verteilt werden, wo er in der Saison gebraucht wird, nämlich "an strategischen Punkten wie Lifttrassen und Liftstationen". Außerdem bei Felsen im Gletscher, die den Skibetrieb stören.

Wer derzeit auf die Zugspitze fährt, kann allerorten Pistenraupen sehen, die den Schnee dorthin schieben, wo er im Winter gebraucht wird. Die Arbeiten seien recht zeitaufwändig und beschäftigten die Fahrer der Pistenraupen wochenlang, sagt Vogel. Sie schätzt, dass die Schneeräumereien noch bis Ende Juli dauern werden.

Dass der Schnee heuer so reichlich verfügbar ist, kommt der BZB sehr gelegen. Denn das Zugspitzskigebiet ist auf Naturschnee angewiesen. Schneekanonen dürfen nicht eingesetzt werden. Anders als in benachbarten Ländern ist nach einem Beschluss des bayerischen Landtags der Betrieb von Schneekanonen oberhalb der Baumgrenze verboten. Das Gletscherskigebiet liegt auf etwa 2600 Meter Höhe.

105 Hektar groß war der Schneefernergletscher, als er im Jahr 1856 erstmals vermessen wurde. Nach 100 Jahren hatte er die Hälfte seiner Fläche eingebüßt. Inzwischen ist er nur noch 45 Hektar groß. Allein im Rekord- Sommer 2003 verringerte sich die Dicke des Gletschereises um etwa zwei Meter. Der gesamte Schnee, der ihn normalerweise auch in den Sommermonaten bedeckt, war weggeschmolzen, das pure Eis sichtbar geworden.

Wissenschaftler geben dem Schneeferner noch höchstens zwanzig Jahre. Womöglich kann die prognostizierte Lebensdauer mit den laufenden Schutzmaßnahmen verlängert werden.

Neben langjährigen Erfahrungen, Wetter- und Klimabeobachtungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen verfügten die Schneeretter auch über "dieses besondere Gefühl für den Schnee", erklärt Stefanie Vogel. Die Skifahrer können sich auf beste Pistenverhältnisse freuen, wenn im Oktober die Saison startet.

Bis dahin hofft die Zugspitzbahn allerdings noch auf etliche warme Sommertage, zumal der kostbare Schnee jetzt geschützt ist. Denn wegen des kalten Wetters waren die Beförderungszahlen in diesem Sommer bisher wesentlich niedriger als im letzten Jahr.

© SZ vom 13.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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