Zehnjährige auf Rügen verschüttet:Keine Hoffnung mehr auf Rügen

Ausflüge zum Kap Arkona auf Rügen sind äußerst beliebt - und können lebensgefährlich sein: Nachdem eine Zehnjährige von abbrechenden Felsen verschüttet wurde, wird nun neu über eine Sperrung des Küstenabschnitts diskutiert.

Jens Schneider

Die Bergungsteams suchten die Nacht durch, und auch den ganzen Dienstagvormittag. 160 Helfer waren im Einsatz. Sie gruben vor den Kreidefelsen von Rügen und trugen Gesteinsbrocken ab, so vorsichtig wie möglich. Der Einsatz war auch für sie lebensgefährlich, weitere Abbrüche wurden befürchtet. Aber sie hofften, das zehn Jahre alte Mädchen zu finden.

Am frühen Nachmittag dann stellten sie ihre Suche ein. Nach menschlichem Ermessen gebe es keine Hoffnung mehr, hieß es. "Es ist immer tragisch, wenn man ein so junges Leben aufgibt", sagte der stellvertretende Landrat Lothar Großklaus (CDU). Es blieb unklar, ob das Mädchen in die Ostsee gespült worden war oder ob ihr Körper unter den gewaltigen Geröllmassen an Land begraben wurde.

Das Mädchen aus Plattenburg in der Prignitz (Brandenburg) befand sich mit der Familie am Nachmittag des zweiten Weihnachtsfeiertages unterhalb der Kreidefelsen von Rügen auf einem Spaziergang als sich die gewaltigen Erdmassen lösten. Die Mutter konnte sich befreien und wurde schwer verletzt in eine Klinik gebracht. Die Schwester zog sich leichte Verletzungen zu. An dieser Steilküste, die mehr als 35 Meter hoch ist, hat es schon häufiger Abrutsche gegeben; allerdings offenbar nicht an dieser Stelle.

Die Geröllmassen lösten sich hier ohne Vorankündigung. Vor drei Jahren hatte sich jedoch schon ein paar Hundert Meter entfernt ein Küstenabschnitt am Wall vor Arkonas berühmter slawischer Tempelburg auf Rügen gelöst. Jetzt stürzten nach tagelangen Regenfällen etwa 2000 bis 5000 Kubikmeter Kreideschollen und Mergel hinab in die Tiefe, wo die Familie spazieren ging.

Der für die Region zuständige Bürgermeister von Putgarten, Ernst Heinemann, zeigte sich erschüttert. Die Gemeinde habe aus Sicherheitsgründen den Uferweg bereits zur Landseite hin verlegt und auch den alten slawischen Burgwall in unmittelbarer Ufernähe für Besucher gesperrt. Laut Heinemann hatte es an der Unglücksstelle vor etwa 100 Jahren zum letzten Mal einen solch großen Erdrutsch gegeben. Das traditionelle Silvesterfeuerwerk am Kap sagte er ab. Die Steilküste am Kap Arkona mit seinem historischen Leuchtturm zählt zu den beliebtesten Zielen für Ausflügler auf Rügen.

Niederschläge erhöhen Gefahr

Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus sagte, dass die Gefahr an diesen Strandabschnitten oft unterschätzt werde. "Die Rügenschen Steilküsten besitzen ausgeprägte natürliche geologische Gefahrenpotenziale im Hinblick auf Hangabbrüche und Hangabgleitungen." Gerade nach überdurchschnittlichen Niederschlägen wie in diesem Jahr führe das zu erhöhten Gefahren.

Es sei aber nicht möglich, den Strand zur Sicherheit ganz zu sperren. "Ich denke da nicht in erster Linie an die Bedürfnisse des Tourismus. Schon rein technisch ist das unmöglich, weil bauliche Absperrungen den Naturgewalten kaum standhalten", sagte Backhaus. "Man müsste Tag und Nacht Personal vor Ort als Absperrung postieren". An allen Zugängen weisen Schilder auf die möglichen Gefahren hin.

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