Wohnhausbrand in Ludwigshafen:Feuer nach dem Fastnachtsumzug

Bei einem Hausbrand in Ludwigshafen sterben mindestens neun Menschen, die Ursache ist unklar. Die Stadt hat für die Hinterbliebenen ein Spendenkonto eingerichtet.

Bernd Dörries

Stuttgart - Am Sonntag hatten sich in Ludwigshafen fast alle auf die Fastnacht vorbereitet, auf den großen Umzug in der Stadt. Die Feuerwehr hatte ihre Einsatzzentrale auf einem Parkplatz eingerichtet, und nicht weit davon versammelten sich in einem Haus aus der Jahrhundertwende Bewohner und Gäste, um den Umzug anzuschauen, der direkt unter den Fenstern vorbeizog. Die Feuerwehr und die Menschen im dem Haus am Danziger Platz hatten sich auf den Fastnachtsumzug eingestellt, nicht auf das, was dann passierte.

Wohnhausbrand in Ludwigshafen; dpa

Dramatische Rettungsaktion: Löscharbeiten in Ludwigshafen.

(Foto: Foto: dpa)

Unmittelbar nach Ende des Umzugs am Sonntagnachmittag um 16.21 Uhr ging bei der Polizei der Notruf ein. Die ersten Wagen der Feuerwehr waren sechs Minuten später vor Ort, da standen die Menschen bereits an den Fenstern des Hauses, Flammen schlugen heraus. Polizisten fingen mit den Händen Kinder auf, die von ihren Eltern aus dem Haus geworfen wurden, bevor sie selber sprangen. Mit Drehleitern holte die Feuerwehr Bewohner aus den oberen Stockwerken. Bis zu 500 Rettungskräfte kämpften gegen Feuer und Rauch, die sich im hölzernen Treppenhaus ausbreiteten.

Am Montagmorgen standen noch die Backsteinmauern des vierstöckigen Hauses, innen drin hat es das Feuer entkernt, es blieben nur Trümmer übrig. Noch immer stieg Qualm auf. Neun Menschen kamen bei dem Brand ums Leben, 20 liegen noch mit teils schweren Verletzungen im Krankenhaus.

Kurt Beck, der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, begab sich zum Unglücksort und sagte die Teilnahme am Rosenmontagsumzug in Mainz ab. Eva Lohse, die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, sprach vom größten Brand in der Nachkriegsgeschichte der Stadt. Sie selbst war während der Rettungsarbeiten am Haus. "Es waren schreckliche Bilder. Bilder, die in der Erinnerung bleiben", sagte sie. "Ich werde das nie vergessen." Die Fastnacht in Ludwigshafen erklärte Lohse für beendet, alle Veranstaltungen wurden abgesagt.

Auch am Montag konnte das Gebäude zunächst noch nicht vollständig durchsucht werden, weil starke Einsturzgefahr bestand. Die Feuerwehr wollte deshalb nicht ausschließen, dass sich in dem Gebäude noch weitere Tote befinden. Am Montagnachmittag suchten Feuerwehrleute aus einer Gondel heraus nach weiteren Opfern. Die Ursache des Unglücks ist nach Angaben der Feuerwehr noch nicht bekannt. Ein Kind soll aber einen lauten Knall gehört haben. Ministerpräsident Beck sagte, es gebe keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Anschlag.

Das Haus wurde von drei türkischen Familien bewohnt, als das Feuer ausbrach befanden sich aber offenbar deutlich mehr Menschen in dem Gebäude, um Fasching zu feiern und den Umzug vor dem Haus zu beobachten. Fünf Opfer sind Kinder im Alter von eins bis 16 Jahren. Die meisten Bewohner starben an Rauchvergiftungen, eine Frau zog sich beim Sprung aus dem Haus tödliche Verletzungen zu.

Ein verzweifelter Verwandter der betroffenen Familien warf der Feuerwehr bei einer Pressekonferenz der Behörden am Montag vor, nicht beherzt genug eingegriffen zu haben. Die Verantwortlichen von Stadt und Feuerwehr wiesen dies zurück. Oberbürgermeisterin Lohse sagte, Polizisten hätten "unter Einsatz ihres Lebens" Kinder aufgefangen.

Auch der am Einsatz beteiligte Notarzt Albrecht Reinecke sagte: "Das Ganze hätte um einiges schlimmer ausfallen können." Der Feuerwehr bot sich bei ihrem Eintreffen eine schwierige Lage, wie ihr Leiter Peter Friedrich sagte. Nur drei, vier Minuten lang hätten die Brandlöscher in das Gebäude eindringen können, ehe es dort zu gefährlich wurde. Meterhohe Flammen schlugen aus dem Gebäude, später stürzten große Teile des Daches ein. Zwei Kinder konnten eine Stunde nach Ausbruch des Feuers noch gerettet werden, sie hatten sich in einem Zimmer hinter einer Couch versteckt.

Nach Abschluss der Bergungsarbeiten soll eine 50 Personen starke Kommission die Ermittlungen zur Brandursache aufnehmen. Im Rathaus von Ludwigshafen trugen sich bereits zahlreiche Bürger in ein Kondolenzbuch ein. Für die Hinterbliebenen der Katastrophe wurde ein Spendenkonto eingerichtet.

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