Wetter in Deutschland:Unwetter in Braunsbach: "Das war kein normaler Gewitterregen"

Der Bürgermeister beschreibt den Moment, als die Lawine aus Wasser, Schlamm und Geröll in den baden-württembergischen Ort Braunsbach rollt - und kaum einen Stein auf dem anderen lässt.

Von Max Hägler, Braunsbach

Der Bürgermeister war mittendrin - und kann es immer noch nicht fassen. "Im Fernsehen sieht man so etwas, aber dass so etwas bei uns passieren kann, das hätte ich nicht geglaubt", sagt Frank Harsch. In Gummistiefeln und mit einer Regenjacke bekleidet, steht der Kommunalpolitiker in seinem Örtchen Braunsbach, beziehungsweise was davon noch zu sehen ist.

Am Sonntagabend, ungefähr als die Tagesschau über die Fernseher flimmerte in den Wohnzimmern in dieser Gemeinde im Nordosten von Baden-Württemberg, kam diese Lawine aus Wasser, Schlamm und Geröll in den Ort gerollt. "Urplötzlich, innerhalb von Sekunden", sagt Harsch. Er hatte im Rathaus zu tun, bereitete einige Unterlagen vor, da prasselte es plötzlich heftig ans Fenster: "Das war kein normaler Gewitterregen, das war schon heftig."

Die Freiwillige Feuerwehr ist machtlos

An seinem Rathaus laufen zwei Bäche zusammen, kleine Rinnsale normalerweise. Doch gegen 20 Uhr wurden Flüsse daraus: Steine, Baumstämme drückten sich von der Hangseite durch die Straßen, so gewaltig, dass sie bald Autos vor sich herschoben. Und Harsch stand in seinem Fenster und konnte fast nichts tun: Die Freiwillige Feuerwehr, die ausrückte, wurde erfasst von der Lawine. Der eigentlich nagelneue Transportwagen steht jetzt vis-a-vis des Rathauses - erdrückt von einer zwei Meter hohen Masse aus Holz, Schutt und den Resten von Garagen, Motorrädern und was die Naturgewalt sonst noch so fand auf dem Weg durch den Ort.

Die Mobilfunkverbindungen brachen nicht zusammen und so bekamen die Rettungskräfte außerhalb des Ortes schnell mit, was da hereingebrochen war über das sonst so beschauliche Braunsbach. Das Problem war: Sie kamen nicht durch. Die Straßen waren unpassierbar. Im Landratsamt Schwäbisch Hall und in der Leitstelle des Polizeipräsidiums Aalen versuchten sie Zufahrten zu koordinieren, Retter zu beordern, nach Braunsbach aber auch sonst in der Gegend, die so plötzlich von diesem gewaltigen Regen überflutet worden war. Eine Stunde brauchten Feuerwehr und Technisches Hilfswerk, bis sie sich den Weg gebahnt hatten.

Lastwagenladungen voller Schutt

Am Vormittag danach stehen Strömungsretter der DLRG bereit, wenn jemand in die immer noch reißenden Fluten fallen sollte. Große Bagger schaufeln sich durch den Ort, die Motorsägen kreischen. Überall lehnen zerdrückte Autos, wie nach schweren Verkehrsunfällen, an Hauswänden oder sind aufgespießt an Laternenmasten. Ein Laserdrucker liegt im Schlamm, irgendwo herausgespült.

Und dann spricht der Bürgermeister aus, was kaum einer glauben kann: "Es ist keiner verletzt worden hier, keiner gestorben." Das heißt, wahrscheinlich nicht: Noch weiß niemand, was sich unter diesen vielen Lastwagenladungen voll Schutt verbirgt.

Zwei Tote in Schwäbisch Gmünd

Anders in Schwäbisch Gmünd, 50 Kilometer weiter im Süden. Auch hier gibt es am Sonntagabend heftige Überflutungen, zwei Menschen werden vermisst. Ein 21-Jähriger aus Schwäbisch Gmünd will einen Ball vor den Fluten retten, vermuten Zeugen, und wird durch einen Gully von den Wassermassen in die Kanalisation gezogen. Ein Feuerwehrmann will ihm helfen - und wird ebenfalls hineingesogen.

Seit Montag 12.20 Uhr herrscht traurige Gewissheit: "Ihre Leichen wurden am Mittag aus einem Kanalschacht geborgen", teilte die Polizei mit.

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