Wetter in Deutschland:Milder Winter stärkt Borkenkäfer und Eichenprozessionsspinner

Deutsche Eiche in Gefahr: Das warme Frühlingswetter macht die Menschen froh, doch Forstleute und Landwirte sind besorgt. Trockenheit und Wärme könnten der Republik ein schädlingsreiches Jahr bescheren.

Sonne satt und sommerliche Temperaturen - das ungewöhnlich trockene Wetter macht den Bauern zunehmend Sorgen. "Wir brauchen dringend Regen", sagte der Pflanzenbaupräsident des Bayerischen Bauernverbandes, Hermann Greif. "Wir haben den viertwärmsten Winter seit Beginn der Aufzeichnungen hinter uns. So einen warmen Winter hatten wir 1976 - und das ist ein richtig schlimmes Trockenjahr geworden."

Unter anderem habe vielerorts eine geschlossene Schneedecke gefehlt. Wenn sie schmilzt, feuchtet das den Boden auf gut einen Meter Tiefe durch, was ein guter Grundstock für das ganze Jahr sei.

Forstleute und Landwirte befürchten auch, dass das viel zu trockene und warme Frühjahr Borkenkäfern, Blattläusen und anderen Schädlingen Auftrieb gibt. Normalerweise könnten sich Pflanzen gut gegen Schädlinge wehren. Stehen sie jedoch unter Stress, hätten die Insekten leichtes Spiel.

Frühling in Lindau

Hinter blühenden Magnolien steht der Leuchtturm im Hafen von Lindau.

(Foto: dpa)

Sorgenkind Eiche

"Extreme Trockenheit und Wärme im Frühjahr bedeuten physiologischen Stress für Bäume in der Austriebsphase", sagte Reiner Baumgart von den Niedersächsischen Landesforsten. "Im Moment haben wir ziemliches Borkenkäferwetter", weiß sein Kollege Stefan Fenner. Dieser sogenannte Trockenstress setzt die Vitalität der Bäume herab - und macht sie angreifbar. Sorgenkind sei die Eiche, erklärte Baumgart. Die Raupen von Eichenwickler, Frostspanner, Laubholzeule und Schwammspinner machten sich im Frühjahr in den Kronen über die aufbrechenden Knospen und die frisch austreibenden Blätter her. Vitale Eichen verkraften diese Untermieter. Wiederholter Kahlfraß in Kombination mit Witterungsextremen und Mehltau schwäche die Bäume jedoch.

Auch die an kühles und feuchtes Klima angepasste Buche leidet. Sie wird bei Trockenheit vermehrt Opfer von Rindenpilzen. Hält das trockene Hochdruckwetter an, könnte Michael Habermann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt zufolge der eigentlich im Mittelmeerraum beheimatete Eichenprozessionsspinner erstarken. Die Härchen der Raupen sind hochallergen und sorgten bereits vor zwei Jahren im Raum Lüneburg für Probleme. Zu chemischen Mitteln werde im Wald aber nur in existenzbedrohenden Situationen gegriffen, sagte Habermann.

Krokusse in Hamburg

Lila Krokusse in Hamburg. Viele Blumen blühen in diesem Jahr früher als sonst.

(Foto: dpa)

Exotische Insekten nisten sich in Celle ein

Die Fachleute setzten auf Hilfe zur Selbsthilfe, etwa Kronenpflege und Durchmischung. Auch der milde Winter hat Auswirkungen: Er kam Arten wie der Blattlaus entgegen. "Normalerweise sterben die Tiere während des Winters ab. Dann erfolgt der Populationsaufbau aus den im Herbst abgelegten Eidern", erklärte Alexandra Wichura vom Pflanzenschutzamt der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer. In diesem Jahr habe ein Teil der Blattläuse den Winter überlebt. Ob sich daraus ein Problem entwickele, hänge vom weiteren Witterungsverlauf ab. "Für den Landwirt bedeutet die Situation, dass er früher als sonst sein Getreide auf Blattlausbefall kontrollieren muss."

Zugenommen hat in den letzten Jahren auch der Befall von Kohlarten mit der Kohlmottenschildlaus, sagte Andrea Kagermann vom Niedersächsischen Kompetenzzentrum Ökolandbau. Zudem erobern immer mehr Schädlinge aus südlichen Ländern den Norden. "Nach Erstfunden auf Einzelflächen im südlichen Niedersachsen im Jahr 2006 hat sich der Maiszünsler mittlerweile bis in die Landkreise Nienburg, Celle und Lüneburg ausgebreitet", so Wichura. Auch der Buchsbaumzünsler, die Kirschessigfliege oder die Walnussfruchtfliege seien auf dem Vormarsch. Bleibt also nur ein harter Winter als Hoffnung? Extreme Kälte tötet längst nicht alle Schädlinge. Größere Arten wie der Borkenkäfer können mit Kälte und Schnee besser umgehen als mit wechselhaften Wintern, erklärte Waldexperte Habermann.

Frühlingsanfang

Ist kein Schädling und genießt die ersten Sonnenstrahlen: Ein Kaninchen in Brandenburg.

(Foto: dpa)
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