Washington:Für die Katz

David Teie

Der Cellist David Teie, immerhin Mitglied des US National Symphony Orchestra, fiedelt auch für Katzen gern.

(Foto: Daniella Teie/dpa)

Wie ein renommierter Cellist aus Washington auf die Idee kam, Musik für Haustiere zu komponieren.

Von Martin Zips

Die Vermenschlichung von Tieren schreitet unaufhaltsam voran. Terrier, die in Kinderwägen durch die Städte geschoben werden; Siamkater, denen für Menschen gedachte Sanitäranlagen als Katzenklo dienen - das sind längst keine Einzelfälle mehr. Und da Tierbesitzer heutzutage persönlich Abschied von ihren Liebsten nehmen wollen, gestalten immer mehr Veterinäre ihre Leichenkammern zu Trauerhallen um. Der Markt, er ist unerbittlich.

Nun also gibt es Musik nur für Katzen. Ein Profi-Cellist aus Washington, Mitglied des US National Symphony Orchestra, hat sie komponiert. Natürlich aus künstlerischen sowie wissenschaftlichen Gründen, wie er betont. Nicht etwa, um sein Salär aufzubessern. Im Internet schaute sich David Teie nach Investoren um. Bald hatte er 10 000 Spender zusammen, die bereit waren, für sein Projekt 240 000 Dollar zu zahlen. Teies Argument: Katzen werden oft zum Hören artfremder Musik verdammt. Mozart, Bach, Cole Porter. Da ist der Jammer groß.

Vor Jahren schon hatte der (privat auf Katzen allergische) Musiker seine erste kleine Tiermusik komponiert. Für Liszt-Affen allerdings. Ein Minusgeschäft. Jetzt musste was für den Haustier-Mainstream her. Zusammen mit einem Psychologie-Emeritus von der University of Wisconsin-Madison glaubte Teie bald herausgefunden zu haben, dass Katzen im Gegensatz zu Menschen musikalisch eher auf Zischen statt auf Bumpern stehen. Er erklärte das ungefähr so: Während der Mensch neun Monate in einem dunklen Bauch nur mit mütterlichen Herztönen heranreift (und später den Viervierteltakt und gedämpftes Licht bevorzugt), präferiert die sich nur etwas mehr als zwei Monate im Trägerleib befindende Katze ein Zischen, welches sie an das Zitzen-Gesauge ihrer frühen Jugend erinnert. In seinen Kompositionen mischt Teie dieses Zischen mit Geschnurre und dem Sound eines dem Hörer immer wieder über die Ohrmuschel streichenden, behaarten Tierschwanzes.

Natürlich möchte man sich jetzt lieber nicht ausmalen, welche Schockzustände diese Musik beispielsweise bei Ziervögeln auslöst. Und was ist, wenn David Teie bald auch für Maulwürfe, Kopfläuse und Schnecken komponiert - und damit für Panik unter Bauern, Eltern und Kleingärtnern sorgt? Fest steht: Der 60 Jahre alte Cellist beharrt darauf, in dieser Richtung weiter zu machen. Nach Abzug aller Studio-, Instrument- und Beraterkosten sollen ihm laut Guardian immer noch 147 000 Dollar Crowdfunding-Überschuss bleiben. Damit will er für Wale und Hunde komponieren.

Die Besprechungen der internationalen Presse zu Teies Katzenmusik fallen überraschend positiv aus. Eleanor Stanford etwa, Autorin der New York Times, findet es erstaunlich, dass ihr Haustier - als Streunerin in der Bronx aufgewachsen - dank der Klänge kurzzeitig ihren nervösen Tick verlor, den Kopf an irgendwelche Türen zu schlagen. "Am Ende hatte sie sich schnurrend um die Lautsprecher gelegt", schreibt Stanford.

Angesichts eines Haustiermarktes, der allein in den USA auf jährlich fast 70 Milliarden Dollar geschätzt wird, darf man jedenfalls sehr gespannt sein, welche künstlerischen Blüten die Tierliebe noch so treibt. Nicht unwahrscheinlich, dass bald so eine Art headbangende Katzen-Rihanna große Konzerthallen mit Vierbeinern und ihren zweibeinigen Begleitern füllt. Und sicher ist auf Netflix demnächst ein aufwendig produziertes "Lassie"-Remake für den reiferen Rüden abrufbar oder "Das Schweigen der Lämmer" mit Shaun, dem Schaf.

Kultur für Tiere, da ist noch ordentlich Musik drin.

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