Was Prominente an Weihnachten hören:Von wegen "Stille Nacht"

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Die SZ hat Musiker um ihre Weihnachts-Playlists gebeten - von Campino und Julien Bam über Anne-Sophie Mutter bis Udo Lindenberg.

Von Thilo Adam, Laura Hertreiter, Michael Neudecker, Hannes Vollmuth, Martin Zips

Schon seltsam, dass die Welt in ihrem immer unüberschaubarer werdenden Drang nach Individualität auf das gemeinsame Feiern von Festen noch so großen Wert legt. Sollte man Weihnachten zum Beispiel nicht auch am 24. Juni zelebrieren dürfen, wenn einem gerade der Sinn danach steht? Am besten vollkommen geschlechts- und religionsneutral vor einem hübsch dekorierten Kaktus (Kakteen werden im Gegensatz zu Tannenbäumen gesellschaftlich ja so schlimm diskriminiert). Aber nein, es wird auch im total diversifizierten 2017 wohl wieder so sein, dass Heiligabend Heiligabend ist: mit Essen und Trinken, aber ohne Groko; mit Freunden und Verwandten, aber ohne Schnee; und mit viel Musik.

Die Auswahl der Weihnachts-Playlist bietet einen gewissen Konfliktstoff, hier gilt es, Individualität und Kompatibilität geschickt zu vereinen. Anders gesagt: Was nervt, muss sofort abgedreht werden. Früher gab es da überhaupt keine Diskussion. Erst "Stille Nacht" mit Klavier und Blockflöte, dann "O du fröhliche" in der Christmette. Zwischendurch ein bisschen Krimsekt, und die Frauen räumen die Küche auf. Später lautete dann die Frage: Peter Alexander oder James Last? Wham! oder Die Toten Hosen? Diana Krall oder Semino Rossi? Oder doch Bach? Und von welchem Tonträger? Schellack, Kassette, Vinyl, CD oder Audiostream? Und vor allem: in welcher Lautstärke? Bis heute sind das Fragen, die Deutschland vielleicht noch mehr spalten als Diesel, Bitcoins, Steueroasen und welcher Scheich genau hinter René Benko steckt.

Die Süddeutsche Zeitung hat neun Prominente um je fünf Musiktitel gebeten, mit denen Weihnachten auch in Zeiten des laktosefreien Soja-Cappuccino, der Elektro-Zigarette mit Erdbeergeschmack und Plastikrückständen im Fipronil-Ei noch einmal zu einem bienenwächsernen Mega-Event de luxe werden könnte. Zumindest dann, wenn am Ende jemand die Küche aufräumt. Frohes Fest.

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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