Vulkanausbruch in Chile:Die graue Wolke

Mit seinen Aschemassen legt Chiles erwachter Feuerberg Puyehue zeitweilig sogar den Flugverkehr über Australien und Neuseeland lahm. Ein Vulkanausbruch in Eritrea zwingt US-Außenministerin Hillary Clinton ihre Reisepläne zu ändern.

Peter Burghardt, Buenos Aires

In der Nacht zum Montag schwebte die Asche wieder über Buenos Aires, der Stadt der Guten Lüfte. Zum dritten Mal binnen acht Tagen wurde die Wolke herangeblasen, seit 1700 Kilometer südwestlich der chilenische Vulkan Puyehue ausgebrochen war. Erneut kamen die zwei Flughäfen der argentinischen Metropole weitgehend zum Stillstand, wie schon in der Woche zuvor.

A view is seen of a cloud of ash from Chile's Puyehue-Cordon Caulle volcano chain near sunset at the mountain resort San Martin de Los Andes

Selbst in San Martin in Argentinien kann man die Aschewolke des Puyehues sehen.

(Foto: REUTERS)

Zwischenzeitlich konnte man die feinen Partikel am Himmel sehen: ein graubrauner Schleier, der Augen tränen ließ und Autos bedeckte und die Fluggesellschaften veranlasste, die Maschinen am Boden zu lassen. Doch wenn sich Argentiniens erdbeben- und vulkanfreie Hauptstadt von einem fremden Naturereignis in den Anden belästigt fühlte - was sollten da erst Australier und Neuseeländer sagen?

Selbst in Ozeanien wurden Hunderte Flüge gestrichen, 10.000 Kilometer entfernt. Zehntausende Passagieren blieben in den Terminals sitzen. "Zu gefährlich", sagte eine Sprecherin der Gesellschaft Quantas. Die Piloten von Air New Zealand dagegen versuchten, unter der trüben Bedrohung hindurchzufliegen oder daran vorbei.

Die Teilchen aus der Tiefe der Erde bewegen sich in der Höhe von Linienflugzeugen, in 8000 bis 12.000 Metern - riskant für die Turbinen. Der Wind trug die Asche über Atlantik und Indischen Ozean bis in die Gegend von Melbourne. Am Montag nahmen die meisten Linien ihren Betrieb dann zwar wieder auf. Doch die Zeitung The Australian wies darauf hin, dass schon in den kommenden 48 Stunden die nächste Ladung Asche aus Südamerika den australischen Südosten erreichen könnte.

Das Durcheinander auf der Südhalbkugel erinnert an die Folgen der Eruption des isländischen Zungenbrechers Eyjafjalla im Norden, der 2010 Europas Flugverkehr ins Chaos stürzte. Diesmal liegt das Epizentrum in Chiles Region de los Rios bei Osorno, 900 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago. Die Gegend erinnert mit ihren grünen Hügeln und blauen Seen an die Schweiz oder Bayern, viele deutsche Einwanderer ließen sich hier nieder. Doch in den Anden stehen auch diverse Vulkane. Kaum ein Land ist so unruhig wie Chile. Der letzte Wutanfall des Puyehue hatte sich 1960 ereignet, kurz nach der Tragödie von Valdivia, dem schwersten Beben der Geschichte, Stärke 9,5. Nun öffnete sich der Schlund der 2236 Meter hohen Erhebung erneut, ein gutes Jahr nach den Erdstößen, die im Februar 2010 das schmale Land erschütterten.

Die Bilder von Feuer und Rauch sahen spektakulär aus, gerade im Licht des patagonischen Spätherbstes. Aber vor allem in der Umgebung sind die Konsequenzen unangenehm. Chiles ohnehin angeschlagene Fischindustrie klagt über das Ende von Millionen Zuchtlachsen, weil das Wasser mehrerer Flüsse nach dem Ausbruch zu warm wurde. Argentinien will den Agrarnotstand ausrufen, um geschädigten Landwirten zügig zu helfen. Auch die argentinischen Ferienorte Bariloche und Villa La Angostura wurden von Asche überzogen, teilweise fielen Strom und Wasserversorgung aus.

Der Bürgermeister der chilenischen Gemeinde Lago Ranco nahe des Puyehue erkennt derweil auch einen gewissen Nutzen: "Die Werbeminuten, die unsere Kommune in Presse und Fernsehen Chiles und der Welt hatte, hätten wir nie finanzieren können."

Vulkan in Eritrea ausgebrochen

Auch im nordostafrikanischen Eritrea ist ein Vulkan ausgebrochen. Die Rauch- und Aschewolke des Nabro - ursprünglich wurde der Ausbruch dem benachbarten Dubbi zugeschrieben - stieg bis zu 15 Kilometer in die Höhe, teilte das Vulkanbeobachtungszentrum VAAC mit. Die Eruption des Vulkans in der dünnbesiedelten Grenzregion zu Äthiopien, 50 Kilometer von der Küste des Roten Meeres entfernt, die am Sonntagabend begann, sei erheblich.

Wegen der Aschewolke brach US-Außenministerin Hillary Clinton ihren Aufenthalt in Addis Abeba ab. Die Aschewolke nähere sich der äthiopischen Hauptstadt, daher müsse die Maschine mit der Ministerin das Land verlassen, sagte ein Mitglied ihrer Delegation. Die Lufthansa strich am Montag zwei Flüge.

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