Vorgebliche humanitäre Hilfe:Viereinhalb Jahre Haft wegen Kindesmissbrauchs in Haiti

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Unter dem Vorwand, Kindern in Haiti zu helfen, flog ein Berliner immer wieder in die Karibik - und verging sich dort an einem Jungen. Das Landgericht Landshut hat den einschlägig vorbestraften Mann nun zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Gegen ihn wird wegen weiterer Missbrauchsfälle in der Karibik noch ermittelt.

Humanitäre Hilfe für Kinder in Haiti: Unter diesem Vorwand hat ein Berliner immer wieder einen Jungen in dem Krisenstaat missbraucht. Zu diesem Schluss kam das Landgericht Landshut und verurteilte den 58 Jahre alten Mann zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten.

Der pädophil veranlagte Mann hatte auf Haiti eine Hilfseinrichtung für Straßenkinder unterstützt. Nach Überzeugung des Gerichts verging er sich bei mehreren Besuchen in der Karibik insgesamt viermal an einem Jungen, der dort untergebracht war. Mit seinem Urteil blieb das Gericht hinter den Anträgen von Anklage und Verteidigung zurück: Der Staatsanwalt hatte eine Haftstrafe von fünf Jahren und acht Monaten gefordert, die Verteidigung hatte auf fünf Jahre plädiert. Beide Parteien wollen nun prüfen, ob sie Rechtsmittel einlegen.

Der bereits einschlägig vorbestrafte Angeklagte hatte im Prozess ein Geständnis abgelegt. Er habe sich in den Jungen verliebt und seine Gefühle nicht im Griff gehabt. Auch in seinem Schlusswort drückte der Mann sein Bedauern aus. Das Gericht wertete das Geständnis als strafmildernd. Vehement bestritt der Angeklagte jedoch bis zuletzt den Vorwurf, er habe seine humanitären Initiativen als Vorwand benutzt, um mit Kindern in Kontakt zu treten. Der vierfache Vater hatte unter anderem in Berlin einen Afrika-Hilfsverein gegründet und dafür nach eigenen Angaben auch öffentliche Fördergelder eingeworben. Er war bis zu seiner Verhaftung bei dem Afrika-Verein angestellt.

Der 58-Jährige war im vergangenen Jahr am Flughafen München festgenommen worden, als er versuchte, den Jungen aus Haiti nach Deutschland einzuschleusen. Das floss ebenso in das Strafmaß mit ein wie der Besitz von kinderpornographischem Material. Eine Sicherungsverwahrung für den Angeklagten lehnte das Gericht ab, allerdings soll der Mann während seiner Haftzeit eine Therapie machen. Der missbrauchte Junge lebt nach Angaben der Ermittlungsbehörden heute bei einer deutschen Pflegefamilie. Bei seiner Urteilsfindung stützte sich die Landshuter Kammer vor allem auf die Aussagen des Jungen, dessen Alter bis zuletzt nicht abschließend geklärt werden konnte.

Gegen den Mann wird wegen weiterer Missbrauchstaten an vier anderen Jungen auf Haiti noch ermittelt. Ein ursprünglich mitangeklagter 27-jähriger Brasilianer war bereits im Vorfeld zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er hatte bei der Schleusung geholfen und sich sich als Vater des Jungen ausgegeben.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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