Vor Fußball-WM in Brasilien:Ausschreitungen nahe Rio de Janeiro

Die besetzte Favela Maré in Rio de Janeiro

Soldaten bewachen den Complexo da Maré, eine Armensiedlung in Rio de Janeiro am 19. April 2014.

(Foto: Getty Images)

Soldaten räumen Favelas, die Armen protestieren: Zwei Monate vor der Fußball-WM kommt es in Brasilien immer wieder zu Ausschreitungen. Diesmal betrauert eine wütende Menschenmenge bei Rio de Janeiro den Tod eines 21-Jährigen.

Wütende Demonstranten haben in einer Nachbarstadt von Rio de Janeiro mehrere Busse und Autos angezündet, um gegen den gewaltsamen Tod eines jungen Mannes zu protestieren. Der 21-Jährige war am Karfreitag auf dem Weg zur Kirche in Niterói bei einem Einsatz der Militärpolizei im Ortsteil Caramujo getötet worden.

Er wollte nach Angaben der Erzdiözese Niterói seine Mutter und seine Schwester vor Angriffen schützen, wurde aber von einer Kugel tödlich getroffen. Auch seine neunjährige Schwester erlitt Schussverletzungen. Die Waffen der am Einsatz beteiligen Polizisten wurden für ballistische Untersuchungen sicher gestellt, wie die amtliche Nachrichtenagentur ABR berichtete.

Dutzende aufgebrachte Menschen beteiligten sich am Samstag nach der Beisetzung des Opfers an den Protestaktionen. Dabei wurden auch Straßenbarrikaden errichtet. Niterói liegt etwa 30 Kilometer von Rio de Janeiro entfernt, wo am 13. Juli das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen wird.

39 Tote bei Polizeistreik

Zwei Monate vor der WM kommt es in Brasilien immer wieder zu Ausschreitungen. Ein Polizeistreik in Salvador da Bahía, wo die deutsche Nationalmannschaft am 16. Juni ihr WM-Debüt geben wird, hat in der Karwoche gewaltsame Zusammenstöße ausgelöst. Mindestens 39 Menschen wurden während des zweitägigen Ausstandes getötet, wie die Regierung am Donnerstag bekanntgab. Während die Polizisten Einsätze verweigerten, seien Dutzende Supermärkte, Apotheken und Elektrogeschäfte ungehindert geplündert worden.

Die Polizisten waren am Dienstag in den Streik getreten und kehrten am Donnerstag zur Arbeit zurück. Um die sich entwickelnde Gewalteskalation zu stoppen, schickte die Regierung Eliteeinheiten und Soldaten in die Küstenmetropole etwa tausend Kilometer nördlich von Rio de Janeiro - doch kamen diese zu spät. In der Stadt finden sechs Spiele der Fußballweltmeisterschaft statt. Das Chaos nährte zwei Monate vor Beginn des Turniers die Sicherheitsbedenken.

Räumung der Favelas fordern Todesopfer

Bereits am 12. April war ein junger Mann in Rio de Janeiro erschossen worden. Eine Patrouille habe in den Favelas von Maré im Norden der brasilianischen Metropole zwei Verdächtige anhalten wollen, berichtete das Nachrichtenportal G1 unter Berufung auf das Militär. Die beiden Männer hätten eine Schießerei begonnen, bei der einer von ihnen umgekommen sei. Der andere sei geflüchtet.

Nachbarn protestierten gegen den Tod des Mannes, indem sie zeitweilig drei Hauptstraßen der Umgebung blockierten, die zum Flughafen von Rio de Janeiro führen. Wütende Jugendliche warfen Steine und Flaschen auf die Polizisten, diese reagierten mit Tränengas und Gummigeschossen. Mehrere Busse und drei Übertragungswagen von örtlichen Radio- und Fernsehsendern gingen in Flammen auf.

Zuvor hatten Hundertschaften der Militärpolizei gewaltsam ein von tausenden Armen besetztes Gelände in der Nähe des legendären Maracaná-Stadions geräumt, wo das WM-Endspiel stattfinden wird. Bei der Räumung wurden etwa ein Dutzend Menschen verletzt, darunter auch Polizisten. Mehr als 20 weitere wurden festgenommen. Im Complexo da Maré, einem Zusammenschluss von 16 Favelas leben insgesamt etwa 130 000 Bewohner. Derzeit sind 2 700 Marineinfanteristen und Fallschirmjäger dort stationiert, um gegen Rauschgift- und Waffenhändler vorzugehen.

Brasilien rechnet während der Fußball-WM vom 12. Juni bis 13. Juli mit 600 000 ausländischen Touristen. Rio de Janeiro ist 2016 zudem Gastgeber für die Olympischen Sommerspiele, es sind die ersten in Südamerika.

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