Virtuelles Erbe:Das Erbrecht muss ins Facebook-Zeitalter überführt werden

Die deutschen Gesetze sind in Nachlass-Fragen im Zeitalter des Telefons stehengeblieben. Doch der Gesetzgeber tut - nichts. Und lässt damit Angehörige wie im Fall der toten 15-Jährigen aus Berlin alleine.

Kommentar von Wolfgang Janisch

So ein Urteil zu akzeptieren, fällt schwer. Eltern trauern um ihre 15-jährige Tochter, die - so ihr Verdacht - sich womöglich selbst getötet hat. Um Gewissheit zu erhalten, verlangen sie Einblick in ihr Facebook-Konto - doch Facebook weigert sich. Das Kammergericht Berlin hat dem Unternehmen nun Recht gegeben: Die Vertraulichkeit der Kommunikation ihrer sogenannten "Freunde" überwiegt, die engste Familie bleibt rechtlos. Ein irritierendes Ergebnis.

Die Berliner Richter haben das Dilemma zwar gesehen, sahen sich aber an den Schutz des Fernmeldegeheimnisses gebunden - weil zum "digitalen Erbe" nichts im Gesetz steht. Tatsächlich ist es die Untätigkeit des Gesetzgebers, die den Keim zu diesem unbefriedigenden Urteil gelegt hat.

Seit Jahren schon fordern Fachleute, das Erbrecht müsse dem digitalen Zeitalter angepasst werden, weil es aus einer Zeit stammt, in der gerade mal das Telefon erfunden war. Der Bundesregierung lag 2013 ein Papier des Deutschen Anwaltvereins vor, das ebenjenes Problem präzise vorhergesagt hatte, an dem die Klage gescheitert ist. Man sah keinen Regelungsbedarf. Die Folge: Trauernde Eltern müssen sich durch die Instanzen kämpfen, um Klarheit zu erhalten.

Und Facebook? Die internen Richtlinien widmen sich vor allem den Formen des Gedenkens der "Freunde". Familienangehörige spielen eine Nebenrolle.

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