Verschwundener Sarg:Ein letztes Rätsel um Friedrich Karl Flick

Auf dem Friedhof von Velden am Wörthersee ist der Sarg mit dem Leichnam des Milliardärs verschwunden - es gibt keine Spur.

Hans Leyendecker und Martin Langeder

Einst war Friedrich Karl Flick, den Freunde und Gegner nur FKF nannten, einer der bestbewachten Männer auf dem Globus. Fast zeitlebens war der misstrauische Milliardär von Leibwächtern umgeben. FKF besaß etliche gut geschützte und geräumige Immobilien, seine mit drei Dächern asiatisch anmutende Villa in München verfügte sogar über einen eigenen Atomschutzbunker.

Flick; dpa

Diese Aufnahme zeigt Friedrich Karl Flick auf dem Filser-Ball in München im Jahr 1997.

(Foto: Foto: dpa)

Am Mittwochnachmittag wurde bekannt, dass unbekannte Frevler zwischen dem 12. und 14. November in das Mausoleum Flicks in Velden am Wörthersee eingedrungen sind und den Sarg des im Oktober 2006 verstorbenen Unternehmers gestohlen haben. "Wir haben heute einen Bericht des Landeskriminalamtes bekommen", erklärte die Klagenfurter Staatsanwältin Carmen Riesinger. Die Ermittlungen laufen wegen Störung der Totenruhe und Sachbeschädigung, weil der Sarg verschwunden ist. Das Mausoleum war angeblich nicht oder nicht genügend gesichert.

Wie Jörg-Andreas Lohr, Vorstandsvorsitzender der Flick-Privatstiftung, gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärte, habe sich Flicks Witwe Ingrid, geborene Ragger, schockiert über die Schändung gezeigt. Sie habe davon auf ihrem Anwesen in Kalifornien erfahren, wo sie sich derzeit aufhalte.

Laut Lohr habe der Gärtner der Familie Ende vergangener Woche Beschädigungen an der Gruft festgestellt, am gestrigen Mittwoch wurde dann das Grab geöffnet und der Diebstahl entdeckt. Die Witwe wolle nun umgehend aus den USA nach Österreich zurückkehren. Auch die Gruft des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß auf dem Friedhof in Rott am Inn wurde vor mehr als sechs Jahren geschändet. Strauß war einer der engsten politischen Freunde von Friedrich Karl Flick.

Der Landschaftspfleger der Nation

Mit dem Tod von FKF ging im Herbst 2006 auch ein Kapitel deutscher Geschichte zu Ende. Sein Vater Friedrich Flick, ein ebenso legendärer wie skrupelloser Konzernschmied, hatte nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er als Rüstungslieferant Gewinne machte, ein Imperium neu aufgebaut, das in einem Atemzug mit den Thyssens, den Daniels und den Krupps genannt wurde. Sein Sohn, der Konzernerbe FKF, hatte das Firmenkonglomerat Mitte der achtziger Jahre an die Deutsche Bank verkauft.

Zuvor war Flick in einen der größten Skandale der Nachkriegsrepublik verwickelt gewesen. Sein Name war zum Synonym für die "gekaufte Republik" und die "Pflege der Bonner Landschaft" geworden. Gegen FKF lief Anfang der achtziger Jahre ein Ermittlungsverfahren, das aber eingestellt wurde, weil er angeblich nicht in die Details eingeweiht war.

Österreich war nicht nur wegen der niedrigeren Steuern seine Wahlheimat. Der damalige Bundespräsident Thomas Klestil zeichnete den Steuerflüchtling, der einen deutschen und einen österreichischen Pass hatte, 1997 mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen samt Stern für dessen Verdienste um die Alpenrepublik aus.

In Wien, der Steiermark und am Wörthersee verfügte FKF über schöne Niederlassungen. Vor allem das Haus am Wörthersee war eine Attraktion. Die Sommerresidenz soll vor vielen Jahren umgerechnet 35 Millionen Euro gekostet haben, was damals ungewöhnlich viel Geld war. Seit seiner Kindheit fühlte sich Flick in Rottenmann in der Steiermark zu Hause. Dort hatte sein Vater ein Jagdhaus gekauft, das FKF großzügig umbauen ließ. Als er im Oktober 2006 starb, hinterließ er seine Frau und vier Kinder, die das auf fünf bis sechs Milliarden Euro geschätzte Vermögen zu gleichen Teilen erbten. Die Trauerfeier war damals gut gesichert - anders als später das Mausoleum.

Fachleute schließen nicht aus, dass die Grabräuber die Witwe Ingrid Flick erpressen wollen. Anfang der achtziger Jahre hatte der Milliardär die damals junge Frau im Hotel "Hospiz" am Arlberg kennengelernt. Als Ende 1991 ihr Bruder entführt wurde, hatte FKF umgerechnet fünf Millionen Euro Lösegeld zahlen müssen, um seinen Schwager freizubekommen. "Derzeit haben wir noch keine Lösegeldforderung", befand nun Flick-Privatstiftungs-Chef Lohr.

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