Vergewaltigungsprozess:Kachelmann und die Ex-Geliebten

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Jörg Kachelmann äußert sich nicht zum Vorwurf der Vergewaltigung. Neben dem mutmaßlichen Opfer sollen auch andere Ex-Freundinnen aussagen.

Er schweigt. Der Mann, der an vielen Abenden den Deutschen beredt das Wetter erklärte, will in eigener Sache nichts vortragen. Im Prozess um die mutmaßliche Vergewaltigung seiner Geliebten will Moderator Jörg Kachelmann vorerst nicht aussagen. "Er wird in der Hauptverhandlung keine weiteren Einlassungen abgeben", sagt sein Verteidiger Reinhard Birkenstock vor dem Landgericht Mannheim.

Der wegen des Verdachts der Vergewaltigung angeklagte Meteorologe Jörg Kachelmann zu Prozessbeginn am Montag, 6. September, im Landgericht Mannheim mit seinen beiden Anwälten Reinhard Birkenstock (l.) und Ralf Höcker. (Foto: dpa)

Nun muss das Mannheimer Landgericht entscheiden, ob Kachelmanns frühere Aussagen beim Haftrichter zu den Vergewaltigungsvorwürfen seiner Ex-Freundin unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlesen werden.

Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge hatte am zweiten Prozesstag zunächst die Anklage verlesen. Er warf Kachelmann vor, seine langjährige Geliebte, die sich von ihm trennen wollte, mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. "Halt die Klappe oder du bist tot", habe er gedroht. Bei der vollzogenen Vergewaltigung seien schwere Hämatome entstanden. Die Druckspuren am Hals seien noch Tage zu sehen gewesen. Der 52-jährige Schweizer hat die Vorwürfe stets bestritten.

Die 37-jährige Radiomoderatorin, die in dem Verfahren als Nebenklägerin auftritt, saß mit ihrem Anwalt gegenüber von Kachelmann und dessen Verteidigern. Nach Verlesung der Anklage kündigte ihr Anwalt an, dass sie bis zu ihrer für den 13. Oktober vorgesehenen Zeugenaussage nicht mehr persönlich an der Hauptverhandlung teilnehmen werde. Die Frau verließ daraufhin den Saal.

Normalerweise dürfen Zeugen bis zu ihrer Vernehmung überhaupt nicht an der Verhandlung teilnehmen, damit sie nicht in ihrer Aussage beeinflusst werden. Als Nebenklägerin hat das mutmaßliche Opfer jedoch ein Recht auf Anwesenheit.

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Bei einer Verurteilung drohen Kachelmann bis zu 15 Jahre Haft. Anwalt Birkenstock verwies gegenüber dem Gericht auf frühere Aussagen Kachelmanns, in denen er die Vorwürfe bestritten hatte. Kachelmann war zu Beginn der Verhandlung über seine persönlichen und beruflichen Verhältnisse befragt worden.

Zuvor hatte das Gericht Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden Richter Michael Seidling und eine Besitzerin abgelehnt, die von der Verteidigung am ersten Verhandlungstag vor einer Woche gestellt worden waren. Die Gründe des Ablehnungsantrags hatten die Verteidiger nicht konkret erläutert. Vor dem Prozess war spekuliert worden, dass der Vorsitzende Richter privat mit dem Vater des mutmaßlichen Opfers bekannt sei. Auch hieß es, Seidling habe von der ehemaligen Geliebten als "Opfer" statt als "mutmaßlichem Opfer" gesprochen.

Das unter starkem Medieninteresse stehende Verfahren ist derzeit bis 27. Oktober terminiert. Neben dem mutmaßlichen Opfer sollen vor Gericht 25 Zeugen vernommen werden, darunter laut Staatsanwaltschaft auch "diverse weibliche Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten". Außerdem sind fünf Sachverständige geladen.

Verteidiger Reinhard Birkenstock forderte das Gericht nun auf, das mutmaßliche Opfer als erste der Zeugen zu hören. "Wir sind in einer Situation, in der alles danach schreit, dass jetzt Frau D. gehört wird", sagte Birkenstock. "Ich kenne keine Verhandlung, in der nicht nach der angeklagten Person zuallernächst derjenige gehört wird, der behauptet, verletzt worden zu sein."

Grundsätzlich müsse zunächst geprüft werden, ob die Anzeigenerstatterin glaubhaft sei. In der umfangreichen Begründung seines Antrags stellte Birkenstock auch die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers infrage: "Frau D. ist eine Frau mit gewaltiger manipulativer Potenz."

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Weitere als Zeuginnen geladene ehemalige Freundinnen Kachelmanns, die über ihre intimen Beziehungen zu dem Angeklagten aussagen sollen, sollten wieder ausgeladen werden. Durch ihre Aussagen solle noch vor der Befragung des mutmaßlichen Opfers ein schlechtes Bild seines Mandanten gezeichnet werden. Zur Aufklärung des Tatvorwurfs könnten die Ex-Freundinnen nichts beitragen.

Überdies kritisierte er, dass einige der Frauen sich bereits in den Medien äußerten: "Eine Zeugin, die ihre Aussage schon an die 'Bunte' verkauft hat, ist für die Wahrheitsfindung nicht mehr zu gebrauchen", sagte Birkenstock. Zudem müsse das Zeugnisverweigerungsrecht der Frauen beachtet werden. Ihnen könne nicht zugemutet werden, intimste Details ihres Privatlebens offenzulegen.

Dem widersprach Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge. Die Aussagen der Beziehungszeuginnen könnten Erkenntnisse über den Angeklagten bringen, da er sich selbst nicht äußern wolle.

Kachelmann war nach der Rückkehr von den Olympischen Winterspielen in Vancouver am Frankfurter Flughafen festgenommen worden und hatte vier Monate in Untersuchungshaft gesessen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte ihn Ende Juli wieder auf freien Fuß gesetzt, weil es keinen dringenden Tatverdacht mehr gesehen habe.

© sueddeutsche.de/afp/dpa/reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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