Venezuelas Präsident Chávez umgarnt Wähler:Immer schön einseifen

Er will sein Volk bei der Eitelkeit packen: Venezuelas Präsident Hugo Chávez strebt im November seine dritte Wiederwahl an. Für den Erfolg an der Urne lässt er sich einiges einfallen. So umgarnt der 57-Jährige seine auf ihr Aussehen bedachten Landsleute neuerdings mit subventionierten Schönheitsprodukten.

Niklas Schenck

Dass Venezuelas Präsident Hugo Chávez die unsichtbare Hand des Marktes für eine Lüge hält, ist bekannt. Er lässt Öl subventionieren oder verkauft US-Dollars unter dem Marktpreis, immer bereit, seinem Volk mit Geschenken zu schmeicheln. Nun hat er einen neuen Markt entdeckt, auf dem er wüten kann: den Markt für Schönheitsprodukte.

Venezuelan President Hugo Chavez blow a kiss from 'people's balcony' at Miraflores Palace in Caracas

Präsident Hugo Chávez will sich allem Anschein nach die Stimmen der venezolanischen Wählerinnen sichern. Sein "Gesetz fairer Kosten und Preise" bestimmt nun landesweit einheitliche Preise für Schönheitsprodukte wie Deoroller, Shampoos und Cremes.

(Foto: REUTERS)

Im November setzte Chávez im Parlament ein "Gesetz fairer Kosten und Preise" durch. Unternehmen müssen seither offenlegen, wie viel sie für die Herstellung einiger vermeintlicher Schlüsselprodukte ausgeben - eine Kommission setzt dann Höchstpreise für ihren Verkauf fest.

Seit April ist das Gesetz nun auf Schönheitsprodukte ausgeweitet worden - und die Auswahl der Güter mutet bizarr an: So muss Procter & Gamble seit Anfang April den Preis für seinen Deo-Roller "Mum Bolita" um ein Viertel senken; für einige Seifen, Shampoos und Hautcremes sinken die Preise gar um bis zu 60 Prozent. "Wir verlangen nicht, dass die Unternehmen Geld verlieren", behauptete Chávez bei Einführung des Gesetzes, "sie sollen nur nicht das Volk berauben."

Wahlgeschenke im Ladenregal

Doch warum mischt er sich ausgerechnet in den Markt mit der Schönheit ein? Offenbar hofft Chávez, sein Volk bei der Eitelkeit packen zu können, auf dass sie ihn im Oktober ein drittes Mal ins Amt wählen. Dafür legt er nun den Frauen, deren Schönheit er sonst in patriotischen Reden pries, Geschenke in die Ladenregale.

Zumindest kurzfristig könnte das gut ankommen. Kein anderes Land wählt so viele Schönheitsköniginnen wie Venezuela, nirgends bekennen sich mehr Menschen zu ihrer Eitelkeit. Zwei Drittel der Frauen und die Hälfte der Männer gestehen in einer Studie, "ständig und überall" über ihr Aussehen nachzudenken. Die Nachfrage nach Schönheitsoperationen ist trotz der Armut ähnlich hoch wie in den USA.

Halten die niedrigen Preise bis zu den Wahlen, könnte Chávez mit ein paar billigen Stimmen rechnen. Denn die Inflation zählt zu den größten Sorgen der Bürger, sie lag 2011 bei mehr als 27 Prozent, die zweithöchste Rate der Welt. Doch Ökonomen sind sich auch darüber einig, dass sich die Inflation höchstens tageweise drücken lässt. Schon erwägen ausländische Firmen ihren Rückzug aus dem Land, und vor allem: Irgendwann werden die betroffenen Produkte knapp.

Zwar ergab eine Umfrage der Zeitung El Universal vor einigen Tagen, dass bisher noch in allen Regalen der Hauptstadt Caracas ausreichend Zahnpastatuben und Deoroller lagern. Doch schon klagen die ersten Kunden über Mangel. Zum Beispiel sei hochwertiges Toilettenpapier knapp. Kleine Produzenten klagen, sie stünden vor der Pleite.

Chávez lässt ihre mahnenden Stimmen nicht gelten. Er beschuldigt einheimische Hersteller, Knappheit künstlich herbeizuführen, "um uns zu bedrohen". Und er hat auch schon eine Lösung parat. Unternehmen, die sich dem Preisdiktat verweigern, könne er jederzeit verstaatlichen.

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