USA: Vorwürfe gegen Motivationstrainer:Tod beim Selbsthilfe-Guru

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Fatale Selbsterfahrung: Motivationscoach James Ray soll seine Kunden in eine Hütte gepfercht und saunagleicher Hitze ausgesetzt haben. Drei Menschen starben. Nun wurde der TV-Star verhaftet.

C. Wernicke

Die Behörden hatten sich Zeit gelassen. Zu viel Zeit, wie die Hinterbliebenen jener drei Kunden glauben, die im Oktober vorigen Jahres bei einem Happening des berühmten Selbsthilfe-Gurus James Ray ums Leben gekommen waren. Ray hatte die drei Opfer, zusammen mit 55 anderen Kunden, in eine enge, finstere Schwitzhütte gepfercht und zwei Stunden lang saunagleicher Hitze ausgesetzt. In der Nacht zum Donnerstag wurde der Fernsehstar und Multimillionär nun verhaftet - und wegen dreifachen Totschlags angeklagt: "Ich hoffe, das bringt diese Tragödie für die drei Familien wenigstens etwas zum Ende," erklärte Steve Waugh, Sheriff von Yavapai County im US-Bundesstaat Arizona.

James Ray, Motivationstrainer und nun auch Angeklagter. Er soll für den Tod dreier Seminarteilnehmer verantwortlich sein. (Foto: Foto: AP)

Das Ergebnis der vier Monate währenden Strafermittlungen bestätigt nun im Kern die meisten Vorwürfe der Angehörigen. Demnach waren die Teilnehmer von Rays fünftägigem Selbsthilfe-Programms bereits vor der Schwitztortur durch mehrtägiges Fasten enorm geschwächt. Am Nachmittag des 8. Oktobers 2009 wurden sie dann in eine nach indianischem Vorbild konstruierte Schwitzhütte geführt, in deren Mitte glühende Steine lagen. Zeugen berichteten, dass schon nach einer Stunde mehrere Teilnehmer verzweifelt über Übelkeit und Kreislaufschwäche geklagt hätten. Seminarguru Ray habe erwidert, seine Kunden sollten "über sich selbst hinauswachsen", zudem habe er gerufen: "Dies ist ein guter Tag um zu sterben!"

Eine Stunde später wurde Rays Orakel schreckliche Wirklichkeit: Zwei Teilnehmer, von ihm "spirituelle Krieger" genannt, kollabierten gleich neben der Hütte und erlagen auf dem Weg zum Hospital ihrer völligen Erschöpfung und Dehydrierung. Eine dritte Teilnehmerin verstarb nach mehrtägigem Koma. Insgesamt mussten sich 21 Teilnehmer, die für ihre Selbsterfahrung auf einer exklusiven Ranch zwischen den roten Felsen Arizonas knapp 10.000 Dollar bezahlt hatten, medizinisch behandeln lassen.

Unmittelbar nach dem Skandal wurde bekannt, dass schon frühere Teilnehmer von Rays existentiellen Seminaren Schwächeanfälle und Verletzungen bis hin zu Knochenbrüchen erlitten hatten. Der charismatische Unternehmer, der seine Kunden oft durch kostenlose Einführungskurse lockte und ihnen anschließend bis zu 60.000 Dollar jährlich für seine Dienste abverlangte, war durch Auftritte bei renommierten TV-Talkmastern wie Oprah Winfrey (ABC und CBS) und CNN-Senior Larry King berühmt geworden. Er verhieß seinen Anhängern "harmonischen Reichtum in allen Lebensbereichen".

Im Frühjahr vorigen Jahres hatte sich Ray eine vier Millionen teure Villa in Beverly Hills gekauft. Seit 2001 sollen mehr als 14.500 Teilnehmer Rays Seminare besucht haben. Experten schätzen, allein in den USA erwirtschaftet das Selbsthilfegewerbe Jahresumsätze von mehr als elf Milliarden Dollar.

Unmittelbar vor seiner Verhaftung hatte Ray in einem Interview mit dem New York Magazine bestritten, er habe seine Opfer am Unglückstag im Stich gelassen: "Ich habe den Menschen die Hand gehalten und ihnen übers Haar gestrichen", verteidigte sich Ray, "aber dann hat mich die Polizei abgeführt." Inzwischen setzte ein Gericht die Kaution für seine Freilassung bis zum Prozess auf fünf Millionen Dollar fest.

© SZ vom 05.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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