USA:Verflixt und zugeparkt

Obamas pick Kalorama mansion in D.C. as home post-White House - DC

Parkplatz gefunden: Glücksfall im Washingtoner Viertel Kalorama.

(Foto: ddp)

Im Washingtoner Wohnviertel von Trump und Obama sitzt das Geld locker, aber Parkplätze sind knapp. Der Secret Service, gläubige Taxifahrer und reiche Russen rangieren in Kalorama genervt um die Wette. Nun eskaliert der Streit.

Von Sacha Batthyany, Washington

Es ist eine Quartierposse, die sich ganz ähnlich auch in München oder Rom abspielen könnte. In diesem Falle aber sind nicht nur sehr illustre Namen involviert, es werden auch die ganz großen Themen berührt, die im Moment die politische Agenda in den USA bestimmen.

Es geht um Platz. Genauer gesagt um Parkplatz. Es geht um Fragen wie: Wer darf hinein? Wer war zuerst? Und vor allem: Wie schottet man sich ab?

Das Quartier heißt Kalorama, ein Villenviertel im wohlhabenden Norden von Washington D.C. Hier wohnen Botschafter, Lobbyisten und gut betuchte Washingtoner in 14-Zimmer-Häusern mit englischem Rasen in tadellosem Zustand, die von Mexikanern einmal pro Woche gemäht werden. Seit ein paar Monaten aber wohnen hier auch die Obamas und die Trumps, also Tochter Ivanka mit Ehemann Jared Kushner, ihre drei Kinder und ein Heer an Nannys und Bediensteten.

Die Trumps und die Obamas sind beinahe Nachbarn, man kann zu Fuß von einem Haus zum anderen spazieren, vorbei an Dutzenden Limousinen mit getönten Scheiben, in denen die breitschultrigen Männer des Secret Service sitzen und Kaffee aus Pappbechern schlürfen. Auch sie spielen in dieser Posse eine Rolle.

Mit den Trumps und den Obamas fingen die Probleme im Quartier zwar nicht an, erzählt man sich in Kalorama, wo die Kirschblüten noch prächtiger blühen als anderswo in der Stadt. Doch ihre Anwesenheit wirkte "wie ein Brandbeschleuniger", sagt Anwohnerin Ellen Goldstein. Und fügt hinzu, mit ihren Nerven "völlig am Ende" zu sein.

Anders als in europäischen Großstädten ist es in Washington normalerweise kein Problem, Parkplätze zu finden. Auf den breiten Straßen in der Innenstadt finden sich genug Lücken, um sein Auto (in D.C. meist Geländewagen in Langversion) auch ohne millimetergenaues Zirkeln stehen zu lassen. Kalorama war da immer eine Ausnahme, was an den vielen Botschaften liegt, in denen dauernd Feste und Empfänge gefeiert werden. Vor allem aber liegt es am Islamischen Zentrum Washingtons, der größten Moschee der Stadt. Fünfmal am Tag lassen Hunderte Muslime, darunter viele Taxifahrer, ihre Autos im Stadtviertel stehen, um zu beten. Lange ging das gut, der wohlhabende Washingtoner ist ein toleranter Mensch. Nun regt sich Widerstand.

Den Russen seien die Strafzettel egal, sagt eine genervte Anwohnerin

Ellen Goldstein, die Anwohnerin, sagt im Lokalfernsehen, sie hätte nichts gegen die betenden Menschen. Aber gegen deren Autos, die die Parkplätze der Anwohner besetzen, schon. Mit dem Zuzug der Trumps und Obamas und den dunklen Limousinen des Secret Service, die sich ganze Straßen sicherten, habe sich die Lage dramatisiert, sagt Goldstein und klingt, als handle es sich um ein Kriegsgebiet. Die Anwohner müssen nun mit den Muslimen der Hauptstadt und den Mitarbeitern der nahen russischen Botschaft um die wenigen Plätze kämpfen: Russen, Muslime, Trump und Obama. Es ist wirklich wie in der ganz großen Politik.

Präsident Trump würde in solchen Momenten wohl vorschlagen, eine Mauer um Kalorama zu bauen, um Eindringlinge fernzuhalten. Die Stadtverwaltung hat bereits reagiert und neue Parkplatzschilder angebracht. Nun dürfen auf gewissen Feldern im Viertel nur Anwohner parken, aber leider hält sich eben niemand daran. Den Russen seien die Strafzettel egal, sagt Goldstein, "zwanzig Dollar mehr oder weniger", sagt sie und verdreht die Augen. Und die Taxifahrer würden sich auch nicht an die neuen Verordnungen halten und die Schilder erst gar nicht lesen. Vor und nach den Gebeten in der Moschee sei hier jedenfalls kein Durchkommen mit dem Auto mehr.

Unterdessen aber spitzt sich die "Parkplatz-Krise in Kalorama", wie das Fernsehen sie inzwischen nennt, immer weiter zu. Der Sprecher der Moschee, Abassie Jarr-Koroma, hat sich in die Diskussion eingemischt, da viele Gläubige behaupten würden, sie könnten nicht mehr zum Gebet erscheinen, weil es für ihre Autos keinerlei Parkplätze gäbe.

2500 Menschen fasst diese Moschee, 1957 erbaut. Jarr-Koroma sei aufgefallen, dass sich die Gebetshalle seit Wochen nicht mehr so fülle wie früher. "Wir waren zuerst hier", sagte Jarr-Koroma, noch vor den Russen und den beiden berühmten Familien. "Warum", fragte er, "trifft es immer uns?" Womit er die einst so harmlose Posse um zu wenig Parkplatz endgültig auf eine neue Stufe hob.

In solchen komplexen Fällen wäre eigentlich der Rat des so besonnenen Obama gefragt. Doch der ehemalige Präsident Amerikas zeigte sich in den vergangenen Wochen an der Seite von Milliardären und Staatslenkern. Er scheint sich eher um die großen Fragen kümmern zu wollen. Wobei das - wie man Kalorama weiß - ja Ansichtssache ist.

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