USA:Sie klagen an

NYW

Das schwarz-weiße Titelbild mit den schwarz gekleideten Frauen - für Cosby kommt dieses "J'accuse" einer medialen Hinrichtung gleich.

(Foto: New York Magazine)

35 Frauen erzählen dem "New York Magazine", sie seien von dem Komiker Bill Cosby sexuell missbraucht worden. Nun fragt sich Amerika: Wie wird der Star reagieren?

Von Martin Zips

Für das New York Magazine ist die Sache ein Knaller: 35 Frauen, alle bereit, sich für die Titelseite fotografieren zu lassen. Und alle behaupten, von Bill Cosby sexuell missbraucht worden zu sein. Wäre man Cosby, man würde sich den Rest seines Lebens im Zimmer einsperren. Mindestens.

Sechs Monate, heißt es, habe das Magazin an der Geschichte recherchiert, immer wieder waren Details vorab an die Öffentlichkeit gelangt. Und Cosby, 78, einst Vorzeige-Daddy in der weltweit erfolgreichen Sitcom "The Cosby Show"? Er ließ die Vorwürfe dementieren. Schon vor 15 Jahren war er von mehreren Frauen angezeigt worden. Doch eine Verurteilung erfolgte nie. Man einigte sich. Mit Geld.

Nun steht Cosby mit dem Rücken zur Wand - selbst einstige Fans wie Whoopi Goldberg und Barack Obama haben sich von ihm distanziert. Zuletzt waren alte Gerichtsprotokolle aufgetaucht. In ihnen sprach Cosby davon, dass er wie viele andere in den 1970er Jahren im Sexleben zu Drogen gegriffen habe. Er gestand, für Liebe bezahlt zu haben. Auch außereheliche Affären habe es gegeben. Doch Sex? Immer nur im gegenseitigen Einvernehmen.

Das New York Magazine legt jetzt nach: Louisa Moritz, 69, eine auf Kuba geborene Schauspielerin und Anwältin, behauptet etwa, von Cosby im Jahr 1971 belästigt worden zu sein. In der Umkleide von Johnny Carsons "Tonight Show". Eine andere Frau, Chelan Lasha, sagt, bei ihr sei es 1986 gewesen. Von sechs Frauen sind auf der Homepage des Magazins Interviews zu sehen. Und auch, wenn Einiges schon bekannt war: Dies ist der große multimediale Aufschlag gegen den Mann, dem auch der leere Stuhl auf dem Cover ("Cosby: Die Frauen. Eine unerwünschte Schwesternschaft") gewidmet sein könnte.

Viele der geschilderten Taten wären strafrechtlich verjährt. Doch den Frauen, heute sind sie zwischen 44 und 80 Jahre alt, geht es um mehr. "Im Jahr 2005" , wird etwa Tamara Green, ein Ex-Model, zitiert, "da hatte Cosby noch Kontrolle über die Medien. Aber im Jahr 2015 haben wir die sozialen Medien. Wir können nicht mehr unsichtbar gemacht werden." Wann also packt Cosby aus? Wann herrscht Gerechtigkeit? Das schwarzweiße Titelbild mit den 35 schwarz gekleideten, meist weißhäutigen Frauen - für Cosby kommt dieses "J'accuse" einer medialen Hinrichtung gleich. Bei all dem Leid, bei all der Schwere der vorgetragenen Vorwürfe, stößt das in manchen Kommentaren auch auf vorsichtige Kritik.

Nun ist es an Cosby und seinen Anwälten, auf all die Vorwürfe zu reagieren. Wie bei Woody Allen dürften weitere Schlammschlachten noch bevorstehen - das Interesse ist riesig, unter der Flut an Klicks brach die Homepage des New York Magazine am Montag zusammen.

Turbulent ist es dieser Tage auch im Washingtoner Museum Smithsonian, das derzeit afroamerikanische und afrikanische Kunst aus Cosbys Besitz zeigt. Man müsse zwischen Person und Exponaten trennen, meint das Smithsonian. Andere finden die Schau "widerlich". In seiner TV-Show spielte Cosby einst das Oberhaupt einer kinderreichen, glücklichen Arztfamilie. Privat ist er mit Camille verheiratet, seit 51 Jahren schon. Die beiden hatten fünf Kinder, von denen eines bei einem Überfall erschossen wurde.

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