USA:Richter: Vorgehen der Politiker im Fall Schiavo nicht verfassungsgemäß

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"Legislative und Exekutive haben nachweislich auf eine Weise gehandelt, die im Gegensatz unserer Verfassung steht", erklärte ein Richter des Berufungsgerichts in Atlanta. Die Eltern der Koma-Patientin Schiavo sind dort und vor dem Obersten US-Gericht erneut gescheitert. Ihre Tochter ist inzwischen 13 Tage ohne Nahrung.

Der Supreme Court in Washington lehnte es ab, den neuen Eilantrag von Bob und Mary Schindler anzuhören. Nach dem Willen der Eltern sollte das Gericht die vorläufige Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung anordnen.

Nur Stunden zuvor hatten die Schindlers - zum vierten Mal - ein Bundesberufungsgericht in Atlanta (Georgia) angerufen. Und erneut war ihr Antrag abgelehnt worden.

Die Anwälte der Eltern hatten Zweifel daran geltend gemacht, dass ihre Tochter nicht künstlich am Leben gehalten werden wollte.

Wiederholte Ablehnung durch die Gerichte

Die jüngste Entscheidung des Obersten US-Gerichts war die zweite Ablehnung der höchsten Richter seit dem 24. März und die sechste seit dem Jahr 2000. Die höchsten Bundesrichter weisen regelmäßig Familienangelegenheiten an die Staatsgerichte zurück.

Richter Stanley Birch vom Bundesberufungsgericht in Atlanta übte in der Begründung starke Kritik an Politikern, deren Vorgehen im Fall Schiavo er als nicht verfassungsgemäß bezeichnete.

Die Richter des 11. US-Bezirksberufungsgerichts in Atlanta waren erst durch ein Bundesgesetz zuständig geworden, das von Kongress und Präsident George W. Bush im Eilverfahren verabschiedet wurde.

Birch schrieb: "Bei der Lösung der Schiavo-Kontroverse komme ich zu dem Schluss, dass trotz der ernsthaften und selbstlosen Beweggründe Legislative und Exekutive nachweislich auf eine Art und Weise gehandelt haben, die im Gegensatz zum Entwurf der Gründungsväter für das Regieren eines freien Volkes steht - unserer Verfassung."

Zeit, loszulassen

Birch erklärte, die Schindlers und der Kongresses hätten sich leidenschaftlich und aufrichtig für die Patientin eingesetzt, doch sei nun die Zeit gekommen, loszulassen.

Für die Annahme des Eilantrags wären sieben der zwölf Richterstimmen nötig gewesen. Wie die Abstimmung verlief, wurde nicht mitgeteilt.

Auch die Gerichte in Schiavos Heimatstaat Florida hatten durch den ganzen Instanzenweg Ehemann Michael Schiavo Recht gegeben, der erklärte, seine Frau würde nicht künstlich am Leben erhalten werden wollen. Eine schriftliche Willenserklärung Terri Schiavos liegt nicht vor.

Die seit einem Herzstillstand 1990 im Wachkoma liegende Schiavo wird seit dem 18. März nicht mehr künstlich ernährt.

Die Ärzte erklärten danach, ohne die künstliche Ernährung werde die Wachkoma-Patientin bis zu zwei Wochen leben. Vor 13 Tagen wurde die Magensonde entfernt.

© sueddeutsche.de/AP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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