USA:Los Angeles und New York streiten über richtigen Umgang mit Bombendrohungen

  • Nachdem am Dienstag mehr als 1000 Schulen in Los Angeles geschlossen wurden, haben Analysen des FBI ergeben: Die Drohungen sind nicht ernstzunehmen.
  • Der Bürgermeister und die größten Zeitungen in LA verteidigen die Schulschließungen.
  • Die Drohungen wurden von der E-Mail-Adresse "madbomber@cock.li" verschickt.

Von Hakan Tanriverdi, New York

Wie geht man mit einer Bombendrohung um, wenn in der vergangenen Woche in unmittelbarer Nähe ein Terroranschlag verübt wurde? Die Stadt Los Angeles hat sich dazu entschieden, mehr als 1000 Schulen zu schließen - eine Entscheidung, die der Bürgermeister der Stadt, Eric Garcetti, am Dienstagabend nach heftiger Kritik verteidigt hat. "Das war keine Entscheidung, die ich zu treffen hatte, aber eine, die ich unterstütze", sagte er während einer Pressekonferenz.

"Wir wissen noch nicht, was genau hinter dieser Drohung steckt", sagte Garcetti weiter. Analysen des FBI hätten jedoch ergeben, dass die Drohungen nicht als "ernstzunehmende Gefahr" einzustufen seien. Ob Kriminelle hinter dem Angriff stünden, sei noch unklar. Zum jetzigen Zeitpunkt wisse man zu wenig.

E-Mails kamen von Server aus Frankfurt

Ganz ahnungslos sind die Behörden nicht. So ist zum Beispiel bekannt, dass die Drohungen von einer E-Mail-Adresse des Anbieters cock.li kamen. Die Server des Dienstes stehen in Frankfurt. Betreiber Vincent Canfield bestätigte auf Nachfrage, dass die Drohungen von einem Nutzerkonto mit skurrilem Namen aus verschickt wurden: Madbomber@cock.li. Wie lange es das E-Mail-Konto bereits gibt, wollte er nicht beantworten.

Von der New Yorker Polizei wurde Canfield dazu aufgefordert, zahlreiche Daten, die er über das Konto besitzt, zu übergeben. Die fraglichen E-Mails habe er - aus Gründen der Privatsphäre - nicht gelesen.

Canfield bedauert, dass sein Dienst verwendet wurde. Dass er in den Nachrichten genannt wird - cock ist ein englisches Wort für Penis - findet er dagegen lustig.

"Unangemessen", Drohungen als hoax zu bezeichnen

Auch in Anlehnung an diese Berichte sprachen Ermittler von einem 'hoax', einem (schlechten) Scherz, einer Falschmeldung also. Eine Reaktion, die Bürgermeister Garcetti "unangemessen" findet. Er antwortet damit vor allem auf Kritik aus New York. Dort war ebenfalls eine Drohung von besagter Mailadresse eingegangen, sie wurde geprüft und als nicht gefährlich eingestuft. Der Chef der New Yorker Polizeibehörde kritisierte die Schließung der Schulen an der Westküste anschließend als Überreaktion. Terroristen hätten dadurch ihr Ziel erreicht.

In der E-Mail hieß es nach Angaben von ABC News: "Ich bin ein frommer Muslim und war einst gegen die Anwendung von Gewalt. Aber ich habe mich mit einer örtlichen Dschihadisten-Gruppe zusammengeschlossen, weil Gewalt der einzige Weg ist, um mein Massaker korrekt auszuführen". Mehrere Schulen wurden als Ziele genannt.

Kopfschütteln ins Los Angeles

Die harschen Worte des New Yorker Polizeichefs haben nicht nur beim Bürgermeister von Los Angeles Kopfschütteln ausgelöst: "New York: Vielen Dank für die unerwünschte Meinungsäußerung". schrieb zum Beispiel die Zeitung Los Angeles Daily News. Los Angeles habe erst in der vergangenen Woche einen Terroranschlag erlebt, im naheliegenden San Bernardino. Zwei Terroristen hatten 14 Menschen erschossen. Die Verantwortlichen hätten sich daher dazu entschieden, auf Nummer sicher zu gehen. Auch in der LA Times wird diese Position vertreten: "Das ist, was Terrorismus anrichtet", heißt es dort.

Doch auch in der Westküstenmetropole gibt es Kritik an der Entscheidung, die Schulen zu schließen. So schreibt zum Beispiel der Journalist Jeff Yang, der seinen Sohn zur Schule bringen wollte, auf CNN: "Wenn ein Exzess an Vorsicht zu einem Klima der Paranoia führt, und von dort aus zu Hass, dann haben wir verloren."

In den USA wurden nach dem Amoklauf im Jahr 1999 an einer High School in Columbine mehrere Studien zum Thema Sicherheit an Schulen durchgeführt. In einem gemeinsamen Bericht des Secret Service und des Bildungsministeriums aus dem Jahr 2004 (hier die PDF-Version) wurden zum Beispiel 37 Fälle analysiert. In weniger als 20 Prozent habe der Täter sein Ziel vorher aktiv bedroht. Auch andere Studien kommen nach Angaben der Daily News zu einem ähnlichen Ergebnis.

Polizisten haben im Laufe des Dienstags mehr als 1500 Schulen durchsucht. Am Mittwoch werden die Einrichtungen wieder öffnen.

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