Erschossene US-Journalisten:Wal-Mart nimmt Sturmgewehre aus dem Sortiment

  • Eine US-Reporterin und ihr Kameramann sind während einer Live-Schalte in einem Einkaufszentrum bei Moneta im US-Bundesstaat Virginia erschossen worden.
  • Der Schütze ist ein ehemaliger Mitarbeiter des Senders. Nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei richtet der 41-Jährige die Waffe gegen sich selbst und stirbt wenig später im Krankenhaus.
  • Die Debatte über schärfere Waffengesetze in den USA erfährt nun neuen Aufschwung.

Von Anna Fischhaber und Matthias Fiedler

Eine US-Reporterin und ihr Kameramann sind während einer Live-Schalte erschossen worden. Alison Parker, 24, und ihr Kollege Adam Ward, 27, vom Sender WDBJ7-TV hatten in einem Einkaufs- und Erholungszentrum bei Moneta im US-Bundesstaat Virginia gedreht, als sie von den tödlichen Schüssen getroffen wurden. Zunächst war unklar gewesen, ob der mutmaßliche Schütze noch lebt. In einer Pressekonferenz bestätigte die Polizei schließlich, dass der Mann nach einer Verfolgungsjagd auf sich selbst geschossen habe und später im Fairfax Hospital verstorben sei.

Die Beamten hatten den Verdächtigen Stunden nach der Tat auf der Interstate 66 entdeckt und versucht, sein Auto zu stoppen. Der Mann weigerte sich anzuhalten, habe eine Straßensperre durchbrochen und sei schließlich von der Straße abgekommen und verunglückt. Die Beamten hätten ihn in seinem Auto mit einer Schusswunde gefunden, fast 280 Kilometer vom Tatort entfernt. Er wurde in die Klinik gebracht, wo er später an seiner selbst zugeführten Schussverletzung starb.

Schütze war offenbar verärgerter Mitarbeiter des Senders

Die Ermittler nannten inzwischen auch den Namen des mutmaßlichen Täters: Demnach handelt es sich um Vester Lee Flanagan aus der Stadt Roanoke, 41 Jahre alt. Medienberichten zufolge war er polizeibekannt und soll in der Vergangenheit ebenfalls bei WDBJ7-TV gearbeitet haben, er berichtete dort unter dem Namen Bryce Williams.

Der Schütze filmte seine Tat und teilte den Film im Netz. Sein Twitter- und Facebook-Account wurden inzwischen gelöscht. ABC News will ein 23-seitiges Manifest bekommen haben, unterzeichnet mit Bryce Williams. Es könnte vom Täter stammen und wurde den Ermittlern übergeben.

Nach Informationen der US-Nachrichtenagentur AP hatten der schwarze Schütze und seine weißen Opfer offenbar Streit. Der Verdächtige soll die Frau demnach nur Stunden vor der Tat über Twitter beschuldigt haben, rassistische Aussagen gemacht zu haben. Offenbar beschwerte er sich auch darüber, dass die Journalistin angestellt und er nicht weiterbeschäftigt worden sei. Er wolle sich für sexuelle Belästigung und Mobbing am Arbeitsplatz rächen, soll der Täter ABC News zufolge in seinem Manifest geschrieben haben.

WDBJ7-TV-Manager Jeff Marks sagte dem Sender Fox News, der 41-Jährige sei ein schwieriger Mensch gewesen, mit dem man nicht gut habe zusammenarbeiten können. Er habe sich schlecht behandelt gefühlt. Der schwarze Flanagan hatte eine Beschwerde gegen die weiße Parker bei der Behörde für berufliche Chancengleichheit eingereicht. An seinen Vorwürfen sei aber nichts dran gewesen, sagte Marks. Nachdem er zwei Jahre für den Sender gearbeitet habe, hatte er im Jahr 2013 seinen Job dort verloren. Als Flanagan entlassen worden sei, habe er von der Polizei aus dem Sendergebäude eskortiert werden müssen, sagte Marks.

Obama: "Es bricht mir das Herz"

US-Präsident Barack Obama sprach nach der Schießerei von einem herzzereißenden Vorfall. "Es bricht mir das Herz", so Obama. Es sei bekannt, dass die Zahl der Opfer von Waffengewalt im Land jegliche Todesfälle durch Terrorismus in den Schatten stelle, fügte er hinzu.

Die Debatte über schärfere Waffengesetze erfährt damit neuen Aufschwung. Eine erste Reaktion: Der US-Einzelhändler Wal-Mart, der größte Verkäufer von Schusswaffen und Munition in den USA, verkauft keine Sturmgewehre mehr. Waffen wie die AR-15 würden nicht ins Herbstprogramm aufgenommen, sagte ein Sprecher - er verneinte aber eine Verbindung zu den jüngsten Amokläufen in den Vereinigten Staaten.

Doppelmord vor der Kamera

Die Journalistin Alison Parker hatte um 6.45 Uhr Ortszeit auf einem Balkon des "Bridgewater Plaza" live eine Vertreterin der regionalen Handelskammer zum Thema Tourismus befragt, als plötzlich zahlreiche Schüsse zu hören waren. Dann sah man in dem Fernsehbeitrag die Reporterin und ihre Interviewpartnerin davonlaufen. Die Kamera fiel zu Boden.

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Die Tat ereignete sich um 6.45 Uhr Ortszeit in der "Bridgewater Plaza" in der Nähe von Smith Mountain Lake bei Moneta im US-Bundesstaat Virginia.

(Foto: Screenshot: Google Maps)

Die Reporterin wurde außerhalb des Sichtfeldes erschossen, im Fernsehen waren ihre Schreie zu hören. Dann schaltete der Sender zu der geschockten Moderatorin ins Studio zurück. Berichten zufolge wurde auch die Interviewpartnerin getroffen. Sie sei von Schüssen in den Rücken getroffen und später in einem Krankenhaus operiert worden. Ihr Zustand sei inzwischen stabil, zitiert eine Lokalzeitung das Carilion Roanoke Memorial Hospital.

"Es sollte ihre letzte Morgensendung sein"

Die erschossene Reporterin Parker habe an diesem Morgen ihren Abschied von der Sendung nehmen und dies feiern wollen. "Alison hatte Luftballons dabei", sagte ihr Chef Marks. "Es sollte ihre letzte Morgensendung sein." Parkers Freund, der ebenfalls als Moderator für WDBJ7-TV arbeitet, erklärte, er sei "wie betäubt".

Kameramann Ward war mit einer weiteren Mitarbeiterin des Senders verlobt, die beiden wollten bald heiraten. Die Frau, eine Sendeleiterin, verfolgte die Schüsse auf ihren Partner live am Bildschirm im Kontrollraum mit. "Wir stehen alle unter Schock", sagte Nachrichtensprecherin Jean Jadhon. Im Studio höre man die Mitarbeiter weinen. "Wir lieben euch, Alison und Adam", twitterte der Sender.

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