Urteil nach Sterbehilfe für Wachkoma-Patientin:Sohn muss drei Jahre in Haft

Er habe seine Mutter von ihrem Leiden erlösen wollen, hatte der Angeklagte zum Prozessauftakt gesagt. Nun hat das Landgericht Braunschweig den 26-Jährigen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Getötete hatte keine Patienverfügung verfasst.

Sieben Jahre lang lag eine 48 Jahre alte Frau aus Hildesheim im Wachkoma - dann hat ihr Sohn sie getötet. Er habe seine Mutter von ihrem Leiden erlösen wollen, sagt der Sohn. Nun hat ihn das Landgericht Braunschweig zu drei Jahren Gefängnisstrafe verurteilt.

Damit blieben die Richter knapp unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe von dreieinhalb Jahren. Der Verteidiger hatte eine Bewährungsstrafe gefordert. Beide Juristen gingen in ihren Plädoyers von einem minderschweren Totschlagsfall aus. Der 26-jährige Angeklagte hatte am ersten Prozesstag gestanden, eine Kanüle aus der Luftröhre seiner Mutter gezogen und sie erstickt zu haben, indem er ihr Nase und Mund zuhielt.

Die Frau war seit einem Reitunfall 2004 nicht mehr ansprechbar und hatte zahlreiche Leiden. Die Ärzte hielten eine Besserung ihre Zustands für so gut wie ausgeschlossen. Wenn eine Willensbekundung von Patienten vorliege, dürften Mediziner nach der aktuellen Rechtsprechung ohne strafrechtliche Konsequenzen eine Behandlung abbrechen, sagte die Staatsanwältin. Die 48 Jahre alte Krankenschwester aus Hildesheim habe jedoch keine Patientenverfügung verfasst. "Niemand will im Wachkoma leben, aber wenn die Alternative der Tod ist?", fragte die Anklagevertreterin. Niemand habe gewusst, was die Frau wollte. "Der Angeklagte hat sich selbst die Rolle als Erlöser zugeschrieben", sagte sie.

Der Verteidiger wies daraufhin, dass die Frau vor ihrem Unfall ein sehr aktives Leben geführt habe. Sie habe Geländeritte unternommen, sei Motorradfahrerin und Tänzerin gewesen. In den sieben Jahren ihres Komas hätten sich zahlreiche Leiden eingestellt, die sich nie wieder gebessert hätten. Ihre Hirnfunktion sei fast erloschen gewesen. Sein Mandant habe aus Mitleid und tiefer seelischer Not gehandelt.

Ob der Sohn in Revision gehen wird, war zunächst unklar.

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