Urteil in Stade:Schwester getötet - 19-Jähriger muss in Jugendhaft

  • Das Landgericht Stade hat einen 19-Jährigen zu sieben Jahren Jugendhaft verurteilt.
  • Nach Überzeugung des Gerichts hat der Angeklagte seine Schwester im März in Neu Wulmstorf (Kreis Harburg) erwürgt. Das Motiv bleibt jedoch unklar.
  • Mit seinem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Anklage. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert - und will nun in Revision gehen.
  • Die Eltern glauben nach wie vor an die Unschuld ihres Sohnes.

Sieben Jahre Jugendhaft

Für die Tötung seiner elfjährigen Schwester hat das Landgericht Stade einen 19-Jährigen zu sieben Jahren Jugendhaft verurteilt. Das Gericht sprach den jungen Mann am Mittwoch des Totschlags schuldig. "Er hat das Kind getötet, das Motiv bleibt allerdings unklar", sagte der Vorsitzende Richter.

Nach Überzeugung des Gerichts hatte der 19-Jährige seine Schwester im März in Neu Wulmstorf im Kreis Harburg erwürgt. Danach verpackte er die Leiche in einen Müllsack und versteckte sie im Schuppen seines Elternhauses. Mit seinem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Anklage. Der 19-Jährige kämpft während der Urteilsverkündung kurz mit den Tränen, folgt den Worten des Richters ansonsten aber gefasst.

Motiv bleibt unklar

Der Vater des Angeklagten hatte seine elfjährige Tochter am Abend des 21. März als vermisst gemeldet. Sie sei auf dem Weg nach Bayern, sagte er der Polizei in einem Notruf, dessen Mitschnitt in der Gerichtsverhandlung abgehört worden war. Die Beamten suchten das Grundstück der Familie mit Suchhunden ab. Ein Tier schlug am Gartenschuppen an, darin fanden die Beamten das tote Mädchen. Kurz darauf wurde der damals 18-jährige Bruder unter dringendem Tatverdacht festgenommen. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Was ihn zu dieser unfassbaren Tat trieb, bleibt unklar. Der Prozess habe Wesentliches nicht beantworten können, sagte der Richter. Dennoch gebe es keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten. "Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine fremde Person damit etwas zu tun hat." Fest steht nach Ansicht des Gerichts: Der junge Mann tötete seine Schwester, verstecke die Leiche und täuschte eine Entführung vor, indem er Nachrichten mit dem Handy der Schwester an seinen Vater schickte.

Verteidigung will in Revision gehen

Am letzten Prozesstag hatte der 19-Jährige seine Unschuld beteuert. "Ich war's nicht." Seine Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert. Sie wollen nun Revision einlegen. "Alle Zeugen haben ausnahmslos berichtet, dass er seine Schwester geliebt habe", sagte seine Anwältin.

Zeugen beschrieben den Angeklagten im Prozess als liebenswürdig, hilfsbereit und sehr fürsorglich seinen vier jüngeren Schwestern gegenüber. Die Elfjährige soll er von seinen Geschwistern am meisten gemocht haben. Zu seinen Eltern - vor allem zum Vater - hatte der Angeklagte ein schwieriges Verhältnis. "Der Vater lehnte den westlichen Lebensstil, den der Angeklagte anstrebte, ab", sagte der Richter.

Der junge Mann teilte zwar die religiösen Werte seiner muslimischen Familie, wollte aber auch das Leben eines normalen Jugendlichen führen: abends Ausgehen, eine Freundin haben und Sport treiben. Immer wieder gab es Zuhause Streit. Deshalb zog der junge Mann aus, wohnte bei Bekannten und schlug sich mit Nebenjobs durch. Erst kurz vor dem Verbrechen kehrte er ins Reihenhaus seiner Eltern zurück, weil er Schulden hatte.

Eltern glauben an Unschuld

Die Eltern glauben nach wie vor an die Unschuld ihres Sohnes. Immer wieder blickt der 19-Jährige während des Prozesses zu seiner Familie auf der Zuschauerbank. Die Mine des Vaters ist wie versteinert, die Schwestern weinen. "Unser Sohn hat das nicht gemacht", sagt der Vater nach der Verhandlung. Nach der Tochter habe die Familie nun auch den Sohn verloren.

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