Urteil in Kleve:Kampf für "Ehre" endet im Knast

Im sogenannten Ehrenmord-Prozess in Kleve gibt es harte Urteile. Der Vater, der Bruder und ein Bekannter der getöteten Gülsüm müssen für ihre Tat lange hinter Gitter.

Die junge Frau wurde gewürgt, bis sie das Bewusstsein verlor und dann mit Knüppeln erschlagen: Im Prozess um den sogenannten Ehrenmord an der 20-jährige Gülsüm hat das Landgericht Kleve nun lange Haftstrafen verhängt. Der 50-jährige Vater der Kurdin, Yusuf S., muss lebenslang hinter Gitter.

Urteil in Kleve: Yusuf S. (rechts) wurde als Drahtzieher des Mordkomplotts gegen seine Tochter Gülsüm vom Landgericht Kleve zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Yusuf S. (rechts) wurde als Drahtzieher des Mordkomplotts gegen seine Tochter Gülsüm vom Landgericht Kleve zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

(Foto: Foto: ddp)

Den 20-jährigen Drillingsbruder der grausam Getöteten verurteilte das Gericht in Nordrhein-Westfalen zu einer Jugendhaftstrafe von neun Jahren und sechs Monaten. Ein 37-jähriger Helfer aus Aserbaidschan muss für sieben Jahre und sechs Monate hinter Gitter.

Der Bruder des Opfers und sein aserbaidschanischer Bekannter hatten die junge Frau Anfang März in einen Hinterhalt gelockt. Die Männer haben das Mädchen im niederrheinischen Rees in ein Waldstück gelotst, sie mit einer Wäscheleine gewürgt, ihr mit Knüppeln das Gesicht zertrümmert und sie getötet. Das Mädchen starb an den Schlagverletztungen.

Vermeintliche Familienehre als Motiv

Mit der Tat sollte die Familienehre wieder hergestellt werden. In dem 50-jährigen Vater sah das Gericht den Drahtzieher des Mordkomplotts. Den drei Angeklagten war gemeinschaftlicher Mord vorgeworfen worden. Motiv für die grausame Tat war nach Ansicht des Gerichts, dass Gülsüm keine Jungfrau mehr war und heimlich eine Abtreibung hatte vornehmen lassen.

Sie hatte eine Liebesbeziehung zu einem jungen Mann aus Albanien gehabt und sollte gegen ihren Willen verheiratet werden. Gülsüms westlicher Lebensstil war ihrer kurdischen Familie seit langem zuwider. Der Vater schlug und verprügelte sie nach Worten des Vorsitzenden Richters immer wieder, um einen Sinneswandel zu erzwingen.

Der Bruder des Opfers hatte die Tat nach seiner Festnahme gestanden, der Vater und der Bekannte stritten eine Beteiligung ab. Das Gericht sah es in dem Indizienprozess allerdings als erwiesen an, dass sowohl der Vater als auch der Bekannte der Familie in die Tat verwickelt war.

Gericht folgte der Staatsanwaltschaft

Mit den Urteilen folgte das Gericht weitgehend der Forderung der Anklage. Der Staatsanwalt hatte lebenslänglich für den Vater gefordert und eine Jugendhöchststrafe von zehn Jahren Gefängnis für den Bruder Gülsüms.

Gülsüms Familie war mit zunächst sechs Kindern, unter ihnen die Drillinge, vor etwa 15 Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Gülsüms Mutter hatte sich kurz nach der Ankunft 1996 unter nie ganz geklärten Umständen das Leben genommen. 1999 heiratete der Vater erneut, aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Alle Kinder wurden nach den traditionellen Regeln der Kurden und des Korans erzogen. Nach Ansicht von Sachverständigen herrschen in der Familie archaisch-patriarchalische Vorstellungen - die Ehre sichere die Existenz.

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