Urteil in Dessau:Lebenslange Haftstrafe für Mord an chinesischer Studentin

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Gedenkfeier für die ermordete Studentin Yangjie Li in Dessau. (Foto: dpa)
  • Das Landgericht Dessau-Roßlau hat den 21-jährigen Sebastian F. wegen Vergewaltigung und Mord an der chinesischen Studentin Yangjie Li zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
  • Die mitangeklagte Ex-Partnerin des Täters erhält eine Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wegen sexueller Nötigung.
  • Beide hatten die Studentin im Mai 2016 in ihre Wohnung gelockt, ihre Leiche wurde Tage später hinter einem Dixi-Klo gefunden.

Die Richterin am Landgericht Dessau-Roßlau spricht von einem "unfassbaren Verbrechen", als sie das Urteil gegen Sebastian F. verliest. Die Studentin Yangjie Li habe ihr Leben lassen müssen, damit der Angeklagte seine sexuellen Fantasien ausleben konnte. Der 21-Jährige muss nun wegen Vergewaltigung und Mord lebenslang in Haft. Seine Ex-Partnerin Xenia I., ebenfalls 21, erhält eine Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wegen sexueller Nötigung.

Der Mord an der chinesischen Architekturstudentin Yangjie Li hatte im vergangenen Jahr über Dessau hinaus Schlagzeilen gemacht: Sebastian F. und seine damalige Lebensgefährtin, die in der Nachbarschaft lebten, hatten die junge Frau in eine Wohnung gelockt, wo sie laut Gerichtsmedizinern einen "mehrstündigen, schmerzhaften Todeskampf" durchlitt. Erst Tage später wurde ihre Leiche hinter einem Dixi-Klo gefunden: erschlagen, gewürgt, mit gebrochenen Knochen.

Sebastian F. stritt die Tat stets ab - obwohl er auf Videoaufnahmen in der Nähe des Tatorts zu erkennen ist und Blut von Yangjie Li an seinen Schuhen gefunden wurde. Seine Ex-Partnerin Xenia I. hat gestanden, Li in die Wohnung gelockt zu haben. Ihr Partner habe sie selbst jahrelang geschlagen und missbraucht.

Der Gerichtspsychiater Bernd Langer hatte ausgesagt, Sebastian F. sei massiv gestört, aber voll schuldfähig. Er erkenne bei ihm weder Betroffenheit noch irgendeine Form der Empathie, so Langer. Dafür eine fremdenfeindliche Attitüde: Sebastian F. habe im Gespräch ausgesagt, er sei besonderer Verfolgung ausgesetzt, weil Frau Li Chinesin war.

Als schicksalshaft bezeichnete der Psychiater die Beziehung des Angeklagten zu seiner Mutter. Ramona S. ist Polizistin. Sie verweigerte die Aussage vor Gericht, weil sie psychisch nicht in der Lage sei, sich der Situation zu stellen, wie sie der Richterin im Januar schriftlich mitteilte. Dafür postete sie auf Facebook, sie wolle nicht mit Idioten reden. Vor ein paar Jahren hatte Ramona S. den Polizeichef von Dessau geheiratet. Der distanzierte sich vor Gericht von seinem Stiefsohn. Der Innenminister hatte ihm nach dem Fall die moralische Eignung als Führungskraft abgesprochen und ihn versetzt. Mittlerweile hat er sich auf den Posten zurückgeklagt.

Die Arbeit der Polizei wirft im Zusammenhang mit dem Mord an der Studentin viele Fragen auf: Beweisstücke wurden übersehen, ein wichtiger Zeuge erst Wochen später befragt und Videoaufzeichungen eines benachbarten Geschäfts erst auf Drängen des Besitzers gesichtet.

Unklar war zunächst, ob Sebastian F. nach Jugendstrafrecht verurteilt wird. Der Psychiater kam jedoch zu dem Schluss, dass es keinen nennenswerten erzieherischen Einfluss auf Sebastian F. mehr gäbe. Im Gespräch sagte der zu ihm: "Ich bin so, wie ich bin. Und ich veränder mich nicht. Man kann zurechtkommen mit mir, wie ich bin, oder man lässt es bleiben."

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