Urteil in Berlin:Callboys wegen Mordes an Zuhälter zu Haftstrafen verurteilt

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Der Mann sei ein Tyrann gewesen; sie hätten keine andere Möglichkeit gesehen, ihm zu entkommen. So hatten zwei junge Prostituierte vor dem Berliner Landgericht die Bluttat an ihrem 37-jährigen Zuhälter gerechtfertigt. Der Richter widerlegte diese Argumentation nun in seinem Urteil.

Zwei Callboys sind wegen Mordes an ihrem Zuhälter zu siebeneinhalb und acht Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Die Angeklagten im Alter von 19 und 20 Jahren hatten vor dem Berliner Landgericht gestanden, den angetrunkenen Mann in der Nacht zum 2. November 2011 in dessen Wohnung in Berlin-Tempelhof umgebracht zu haben. Mit Wertsachen des 37-Jährigen waren sie ins Ausland geflohen.

Für den Mord an ihrem Zuhälter müssen zwei junge Prostituierte jeweils für mehrere Jahre ins Gefängnis. (Foto: dapd)

Die Verurteilten hatten behauptet, die Tat sei für sie der einzige Ausweg gewesen, den Fängen des Zuhälters zu entkommen. Das Gericht bewertete die Aussagen der jungen Männer jedoch als nicht überzeugend: Die Bluttat sei kein "Tyrannenmord" gewesen. Beide seien freiwillig nach Berlin gekommen, um dort als Strichjungen Geld zu verdienen, argumentierte Richter Helmut Schweckendieck. Sie hätten gewusst, was auf sie zukommt, und sie seien nicht gezwungen gewesen, zu bleiben.

Dem angetrunkenen Zuhälter hatten die jungen Männer Sexspiele vorgetäuscht. Dann fesselten und umwickelten sie den zunächst völlig arglosen Mann wie eine Mumie. Schließlich drückte der 20-Jährige etwa zehn Minuten lang ein Kissen auf den Kopf des 37-Jährigen, bis dieser sich nicht mehr rührte.

Der Zuhälter sei zwar ein übler Zeitgenosse gewesen, und er habe die beiden wirtschaftlich und sexuell ausgebeutet, so der Vorsitzende Richter. Die Tötung des Mannes sei für die Callboys aber die Möglichkeit gewesen, alle Probleme auf einen Schlag loszuwerden.

Der 19-Jährige war eigenen Angaben zufolge nach Berlin gekommen, um Geld für ein Leben als Musiker in den USA zu verdienen. Nach der Tat war er nach New York geflohen. Ein deutscher Moderator, der ihn wenige Tage zuvor als Callboy gebucht hatte, überredete ihn zur Rückkehr nach Berlin. Von der Tat hatte der Journalist eigenen Angaben nach nicht vom Angeklagten, sondern von der Polizei erfahren. Inzwischen sind beide verlobt.

© Süddeutsche.de/dpa/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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