Urteil im Duisburger Misshandlungsprozess:Zweieinhalb Jahre Haft für Juliens Eltern

Immer wieder wurde er im Keller eingesperrt und misshandelt: Nun sind Mutter und Stiefvater des siebenjährige Julien vom Landgericht Duisburg zu Haftstrafen verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass es sich bei den Vorwürfen nicht um Spinnereien des Kindes handelte, wie die Eltern behauptet hatten.

Über Monate hinweg sollen die Mutter und der Stiefvater des kleinen Julien ihr Kind immer wieder im Keller ihres Hauses eingesperrt und misshandelt haben. Jetzt sind die Eltern vom Duisburger Landgericht Duisburg zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Im September 2010 war der damals siebenjährige Julien nackt aus dem dunklen Keller der Familie in Hamminkeln bei Wesel befreit worden. Nachbarn hatten die Polizei verständigt, weil sie gesehen hatten, dass die Eltern mit ihren beiden gemeinsamen Kindern, aber ohne den Jungen weggefahren waren.

Es sei davon auszugehen, dass der Junge "etliche Zeit" im Keller verbracht habe, sagte der Vorsitzende Richter. Die Anklagebehörde hatte der Mutter und dem Stiefvater, Jessica und Udo D., gemeinschaftlich begangene Misshandlung Schutzbefohlener vorgeworfen. In ihrem Plädoyer sprach sie unter anderem von einer "Vielzahl von Fällen", in denen der Junge über eineinhalb Jahre hinweg immer wieder im Keller eingesperrt und angewiesen worden sei, sich dort auszuziehen.

Darüber hinaus soll es zu weiteren Zwischenfällen gekommen sein: So soll der Stiefvater dem Jungen eine Pistole an den Kopf gehalten oder ihn mit einer Spinne verängstigt haben. Die Mutter soll ihn in der Silvesternacht 2009 über einen Zaun geworfen haben.

In seiner Urteilsbegründung gab der Vorsitzende Richter an, dass das Gericht überzeugt sei, dass die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe gegen die leibliche Mutter und den Stiefvater des Jungen im Wesentlichen stimmten.

Keine Bewährungsstrafe für die Eltern

Des Weiteren hätten die Angeklagten versucht, die gegen sie erhobenen Vorwürfe abzuschwächen. Viele Schilderungen des Jungen schoben sie seiner Phantasie zu. Es sei aber nicht anzunehmen, dass der Junge, der seine Situation selbst vor Gericht geschildert hatte, alles falsch mitbekommen oder erfunden habe.

Zudem habe sich während der Verhandlung der Eindruck ergeben, dass sich die Eltern "keineswegs so liebevoll um den Jungen gekümmert" hätten, wie sie es darstellten. "Behandelt wurde er wie ein lästiges Kind", so der Richter. Weil das Verhalten der Angeklagten derart gravierend gewesen sei, sei eine Strafe zur Bewährung nicht möglich gewesen.

Für eine Bewährungsstrafe hatten sich die Verteidiger ausgesprochen. In den Plädoyers forderten sie, dass das Gericht insbesondere auch die Folgen einer Haftstrafe für die beiden gemeinsamen Kinder des 28 und 29 Jahre alten Ehepaars bedenken solle. Jessica und Udo D. seien zum Zeitpunkt der Vorfälle überfordert gewesen. Die Erziehung des nicht immer einfachen Kindes und ein "Bespitzelungsklima" in der Nachbarschaft hätten sie enorm unter Druck gesetzt.

Zudem seien die Angeklagten durch das Verfahren und die öffentliche Beachtung des Falls bereits gestraft. Gegen den Beschluss des Gerichts kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden.

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