Universitätklinik Mainz:Zwei Säuglinge sterben wegen verunreinigter Infusion

Tod aus dem Tropf: Zwei Babys starben in Mainz, weil sie eine wahrscheinlich mit Bakterien verunreinigte Infusion erhalten haben. Der Zustand von fünf weiteren Säuglingen wird als "kritisch" beschrieben.

Marc Widmann

In der Mainzer Universitätsklinik sind am Samstag zwei Säuglinge gestorben, offenbar weil sie eine mit Bakterien verunreinigte Infusionslösung erhalten hatten. Die Ärzte befürchteten, dass noch zwei weitere Kinder die Verabreichung der Nährlösung auf der Intensivstation nicht überleben könnten. Deren Zustand sei "sehr kritisch", sagte am Sonntag der Oberarzt der Kinderintensivstation, Ralf-Gunter Huth. "Für sie befürchten wir Schlimmes." Drei anderen Kindern gehe es ebenfalls schlecht.

Zwei Säuglinge in Mainzer Klinik gestorben

Infusionsschläuche an der Hand eines Babys in der Universitätsklinik Mainz - eine verunreinigte Lösung war wohl schuld am Tod zweier Säuglinge.

(Foto: Frank May/dpa)

Die Infusion war nach Angaben der Uniklinik am Freitagnachmittag in der hauseigenen Apotheke hergestellt worden. Dort herrschen eigentlich strengste Hygienevorschriften. Die Luft in dem sogenannten Reinraum wird aufwendig gefiltert, die Mitarbeiter tragen nicht nur ein paar Handschuhe, sondern gleich zwei, die sie regelmäßig wechseln. Sie seien "sehr erfahren", sagte der Medizinische Vorstand der Klinik, Norbert Pfeiffer, am Abend der Süddeutschen Zeitung. Dennoch halte er es für wahrscheinlich, dass die Verunreinigungen hier entstanden sein könnten, beim Mischen der Ernährungslösungen.

Für jedes der teilweise weniger als ein Kilogramm schweren Babys mischen die Mitarbeiter eine eigene Infusion aus bis zu neun Bestandteilen. Die großen Packungen für Erwachsene können nicht genutzt werden. Man erstelle "individuelle Mischungen je nach Körpervolumen", sagte Pfeiffer. Schon 90000 Mal habe das problemlos geklappt.

Diesmal jedoch waren die Infusionen offenbar gefährlich. Am Freitagabend wurden sie den schwerkranken Kindern auf der Intensivstation angelegt, sie liefen die ganze Nacht über. Am nächsten Morgen ging es den beiden Säuglingen zusehends schlechter, bis sie starben. "Wir sind zutiefst betroffen und schockiert", sagte Klinikleiter Pfeiffer. Die beiden toten Babys, zwei und acht Monate alt, waren wegen Herzfehlern behandelt worden. Insgesamt haben elf Kinder die verunreinigten Infusionen erhalten.

Die Lösung war nach Angaben der Klinik mit Enterobacter-Bakterien verunreinigt, die im Darm des Menschen vorkommen. Die Bakterien wurden später auch im Blut der gestorbenen Babys nachgewiesen. Als die Verunreinigung bei der täglichen Kontrolle am Samstagmorgen im Labor entdeckt wurde, habe man die Infusionen sofort abgesetzt und den Säuglingen Antibiotika gegeben, sagte Pfeiffer.

Seither suche man "innerhalb der gesamten Herstellungskette mit Hochdruck" nach der Ursache. Bis diese gefunden ist, würden nur Infusionen von anderen Herstellern verwendet - weil man nicht ausschließen könne, dass die Bakterien in einer gelieferten Flüssigkeit eines externen Herstellers waren. Außerdem würden die Lösungen nun von anderen Mitarbeitern angemischt.

"Lückenlose Aufklärung"

Um den Fall zu untersuchen, bildete das Mainzer Polizeipräsidium am Sonntag eine Sonderkommission. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Die toten Säuglinge sollten in der Frankfurter Gerichtsmedizin obduziert werden, wie die Polizei mitteilte. Zudem wurde eine mikrobiologische Untersuchung in Auftrag gegeben, um die genaue Todesursache zu klären.

Die rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerin Doris Ahnen (SPD) zeigte sich bestürzt über den Tod der beiden Säuglinge. Die genauen Umstände "dieser tragischen Ereignisse" müssten lückenlos aufgeklärt werden, sagte Ahnen. Sie ist zugleich Aufsichtsratsvorsitzende der Universitätsmedizin Mainz.

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