Unglück in Israel:Unter Trümmern begraben

Unglück in Israel: Rettungskräfte auf der Unglücksstelle im Norden von Tel Aviv.

Rettungskräfte auf der Unglücksstelle im Norden von Tel Aviv.

(Foto: Gil Cohen-Magen/AFP)

Mindestens zwei Menschen sterben beim Einsturz eines Rohbaus in Tel Aviv. Der Vorfall wirft ein Licht auf Mängel bei der Bausicherheit im Land.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Von oben sieht es aus wie ein Krater im Erdreich, ein tiefer gelegtes Trümmerfeld, aus dem einzelne Betonpfeiler und Metallstreben hinausragen. Die von der israelischen Polizei veröffentlichten Luftaufnahmen zeigen den Unglücksort im nördlichen Teil von Tel Aviv, an dem am Montag beim plötzlichen Einsturz eines Rohbaus mindestens zwei Menschen ihr Leben verloren. Mehr als 20 weitere Menschen wurden verletzt - und die Opferzahl könnte noch steigen. Fünf Menschen wurden zwar bis zum Abend nach Angaben des Militärs gerettet, doch den Rettungskräften zufolge gelten fünf Menschen immer noch als vermisst. Aus den Trümmern seien Stimmen zu hören, die Verschütteten seien aber nur schwer zu erreichen, sagte der Leiter der israelischen Einsatzkräfte.

Das Unglück ereignete sich zur Mittagszeit auf einer Baustelle mitten in einem lebhaften Gewerbegebiet mit vielen High-Tech-Firmen. Zunächst war berichtet worden, ein Kran sei auf das im Bau befindliche Gebäude gestürzt. Als sich der Staub gelegt hatte, zeigte sich aber, dass die viergeschossige Tiefgarage schlicht kollabiert war. Die Ursache blieb zunächst unklar.

Baubeginn war Ende 2014, in einigen Monaten hätte die Garage fertig sein sollen. Bis zu hundert Arbeiter sind hier gewöhnlich am Werk. Viele konnten sich offenbar noch in Sicherheit bringen, als sich in Dach erste Risse zeigten. Neben Rettungskräften mit Spürhunden waren auch Soldaten im Einsatz. Ein Anschlag, der in Tel Aviv aus leidvoller Erfahrung oft das erste Erklärungsmuster bildet, konnte schnell ausgeschlossen werden.

Stattdessen wirft der Vorfall ein Licht auf Mängel bei der Bausicherheit in Israel. Ein jüngst veröffentlichter Bericht des Arbeitsministeriums belegt, dass die Zahl der Berufsunfälle ungefähr doppelt so hoch ist wie im europäischen Durchschnitt. Dem Bericht zufolge starben allein auf israelischen Baustellen im Zeitraum zwischen 2000 und 2015 insgesamt 480 Menschen. Keine Besserung hat bislang auch eine Verschärfung der Sicherheitskontrollen gebracht. Obwohl die Zahl der Überprüfungen deutlich angestiegen ist, sind in diesem Jahr bereits 26 Bauarbeiter zu Tode gekommen. Erst im August wurde ein Gesetz verschärft, das höhere Bußgelder vorsieht sowie die Möglichkeit, eine Baustelle wegen Sicherheitsbedenken zu schließen.

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