Unglück am Mont Blanc:Paar aus Bayern wohl unter den Opfern

Bangen in Oberreute: Unter den Opfern am Mont Blanc ist möglicherweise ein Paar aus Bayern. Die 31-jährige Frau und ihr 28-jähriger Freund gelten als vermisst.

Unter den acht Bergsteigern, die am Mont Blanc tödlich verunglückt sind, befindet sich möglicherweise auch ein Paar aus Bayern. Ein Bekannter hat die 31-jährige Frau und ihren 28-jährigen Freund als vermisst gemeldet, sagte ein Sprecher des bayerischen Landeskriminalamts zu sueddeutsche.de. Die beiden waren zuletzt am Mont Blanc unterwegs. Sie kommen aus dem Landkreis Oberallgäu.

Mont Blanc, dpa

Rettungshelfer der französischen Gendarmerie suchen nach den Vermissten.

(Foto: Foto: dpa)

In dem Ort Oberreute im Landkreis Lindau hat diese Die Nachricht große Betroffenheit ausgelöst. "Wir sind alle schockiert, dass bei diesem schlimmen Unglück zwei Menschen aus unserem Ort betroffen sind", sagte der 2. Bürgermeister Heinrich Kretz (CSU). Vor etwa zwei Jahren sei das Paar nach Oberreute gezogen. Wie Kretz sagte, stammen jedoch beide aus der Region.

Das dritte mit dem Paar aus Bayern befreundete deutsche Opfer ist ein 43 Jahre alter Mann aus Kressbronn am Bodensee. Nach Medienberichten soll es sich um einen Arzt aus der "Dreiländerklinik" in Ravensburg handeln.

Das Drama vom Mont Blanc hat insgesamt vier deutschen Bergsteigern das Leben gekostet. Acht Menschen waren am frühen Sonntagmorgen bei der Besteigung des höchsten Berges in Westeuropa 1000 Meter in den Tod gestürzt.

Erst am Montag konnten die Behörden die Nationalität der noch vermissten Opfer feststellen. "Es handelte sich um vier Deutsche, drei Schweizer und einen österreichischen Bergführer", sagte eine Polizeisprecherin. Bei welchem Veranstalter die deutsche Gruppe die Tour gebucht hatte und Näheres über ihre Identität gaben die Behörden nicht bekannt.

Aus einem Hubschrauber konnten die Bergungskräfte sieben der acht Opfer am Montag lokalisieren. Es wurden Signale aus den Lawinenwarnsystemen empfangen, die die Bergsteiger bei sich trugen. Allerdings liegen die Toten unter einer 20 bis 50 Meter dicken Eisschicht, teilte Gendarmerie-Sprecher Régis Lavergne auf einer Pressekonferenz mit.

Nach Angaben der franzöischen Gendarmerie sollen mindestens zwei Seilschaften unter den Schnee- und Eismassen verschüttet sein. Die erste Seilschaft soll aus einem Bergführer aus Tirol und den vier Deutschen bestehen, darunter sei die Frau. Zur zweiten Seilschaft gehörten vermutlich ein 32 Jahre alter Schweizer Bergführer und ein Schweizer Paar im Alter von 28 und 34 Jahren.

"Wir haben für den Moment die Hoffnung aufgegeben"

An eine Bergung sei derzeit nicht zu denken. "Die Opfer liegen in einer Zone, auf die permanent Eisplatten stürzen. Es kommt nicht in Frage, Bergungskräfte dort abzusetzen", sagte Lavergne. Die Schneeschmelze und Bewegungen des Gletschers könnten die Toten in einigen Wochen, möglicherweise auch erst in einigen Jahren oder gar nicht zu Tage fördern. "Wir haben für den Moment die Hoffnung aufgegeben."

Die schwerste Tragödie in den Alpen in diesem Jahr ereignete sich gegen 3 Uhr am Sonntagmorgen, neben den Toten wurden acht Bergsteiger verletzt. Ein 200 Meter breites Eisbrett brach in 3600 Metern Höhe am Mont Blanc du Tacul ab und stürzte auf einen für den Gipfelaufstieg oft benutzten Steig. Zur Unglückszeit befanden sich auf dem Pfad 47 Bergsteiger.

Es wurde sofort eine umfangreiche Suchaktion gestartet, an der mehrere Dutzend Einsatzkräfte, Ärzte, Spürhunde und vier Hubschrauber mitwirkten. Vergeblich: Die Einsatzkräfte fanden nur zwei Rucksäcke, einen Schuh und ein Lawinenalarmgerät.

Vier Franzosen und vier Italiener, darunter eine Frau, wurden verletzt geborgen. Zwei zunächst ebenfalls vermisste Italiener waren allein in ihre Unterkunft zurückgekehrt. "Eine Wand aus Eis ist auf uns zugekommen", berichtete der Italiener Marco Delfini, einer der Verletzten, dem Nachrichtensender LCI. "Wir wurden 200 Meter mitgerissen."

"Schwimmen", um zu überleben

Die Lawine habe keinerlei Lärm gemacht, erinnert sich der 30 Jahre alte Franzose Nicolas Duquesne, der mit einem Knöchelbruch und Blutergüssen davongekommen ist. Der Bergführer habe noch gerufen "Lauft, lauft schnell", doch da sei er schon von den Schneemassen erfasst worden."Wir hatten gerade noch Zeit, um nach rechts auszuweichen, bevor wir getroffen wurden. Wir hatten wirklich Glück." Das Gletschereis habe sich völlig lautlos gelöst.

"Wir waren mittendrin, wir mussten durch den Schnee regelrecht schwimmen, um uns zu retten", sagte der Franzose, der mit seinem Handy die Rettungskräfte alarmiert hatte. Ein Mitglied der Rettungsmannschaften beschrieb die Szene als "apokalytisch".

Den Alpinisten ist nach Einschätzung des bekannten österreichischen Bergsteigers Peter Habeler kein Leichtsinn vorzuwerfen. Es habe sich um ein "schicksalhaftes" Ereignis gehandelt. Die von den Männern gewählte Route sei zwar sehr lang, zähle auf jeden Fall zu den leichteren Aufstiegsmöglichkeiten.

"Ich würde genau die gleiche Route wählen"

"Pro Tag gehen diesen Weg 50 bis 60 Leute, im Winter sogar mit Ski", sagte Habeler. Dass genau in dem Moment, wo der Eisblock abbrach, sich so viele Menschen an dem Punkt befanden, sei ein "ganz blöder Zufall" gewesen.

Solche Ereignisse ließen sich nicht vermeiden. "Wenn ich heute die Wahl hätte, würde ich auch genau die gleiche Route wählen." Polizeisprecher Regis Lavergne sagte dem Fernsehsender TF1, es werde vermutet, dass die vermissten Bergsteiger 1000 bis 1500 Meter in die Tiefe gerissen worden seien."

Über den Mont Blanc du Tacul führt eine der Routen zum Mont Blanc, dem mit 4810 Meter höchsten Berg in Westeuropa. Erfahrene Bergsteiger können den Aufstieg zum Mont Blanc du Tacul in einem Tag bewältigen, bis zum Mont Blanc ist es dann noch mindestens ein weiterer Tag.

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