Umwelt:Blaues Wunder in Peking

Peking Smog Winter Himmel

Während in den vergangenen Jahren eine Smogwolke über Peking hing, ist in diesen Wochen oft blauer Himmel zu sehen.

(Foto: dpa)
  • Seit Jahren hängt vor allem im Winter über Chinas Hauptstadt eine Smog-Glocke. In diesem Jahr strahlt der blaue Himmel.
  • Die KP hat in 28 Metropolen scharfe Auflagen gegen den Feinstaub verhängt.
  • Greenpeace lobt das Erreichte, mahnt aber eine nachhaltige Entwicklung an

Von Kai Strittmatter, Peking

Trockenes Wüstenklima, kaum Niederschläge, ein Himmel in oft unwirklichem Technicolor-Blau: Von der Natur ist Peking eigentlich mit einem Kaiserwetter gesegnet, wie es Fotografen lieben. Bloß dass die Stadt in den letzten Jahren kaum mehr Wetter hatte, sondern immer Smog.

Es gibt Städte in China, von denen erzählen einem die Bewohner, dass dort die Hunde den Himmel anbellen, wenn er sich einmal zeigt, weil sie gar nicht mehr wissen, was das ist. In Peking gäbe es im Moment viel zu bellen - die Pekinger erleben ihr blaues Wunder: den schönsten Winterhimmel seit Jahren. "So habe ich Peking noch nie gesehen", staunte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron diese Woche beim Staatsbesuch.

Normalerweise ist der Smog im Winter am schlimmsten. Der Dezember vor einem Jahr noch hatte mit seinen Giftnebeln wieder apokalyptisch angemutet. In diesem Jahr aber ist alles anders. Peking atmet auf, seit Wochen schon. Die Luftwerte sind so gut wie seit Jahren nicht. Im letzten Quartal 2017 fielen die Verschmutzungswerte gegenüber dem Vorjahr laut Greenpeace um ganze 53,8 Prozent.

Die Regierung hat 28 wichtigen Städten eine Anti-Smog-Politik verschrieben, nun meldet sie Vollzug: Im Durchschnitt habe man in diesen Städten im letzten Jahr nur mehr 58 Mikrogramm PM2,5-Feinstaubpartikel pro Kubikmeter gemessen. Das sind zwar noch immer fast sechs Mal so viele wie die zehn Mikrogramm, die die Weltgesundheitsorganisation für gesund hält, die Pekinger allerdings fühlen sich damit schon fast wie auf Luftkur.

Die Besserung hat mehrere Gründe. So standen den Pekingern Kaltfronten und Winde zur rechten Zeit bei. Gleichzeitig aber machen sich erstmals auch die Maßnahmen der Regierung spürbar bemerkbar. Sie hat vielen Fabriken in den Regionen um Peking herum eine Reduzierung der Produktion befohlen. Sie hat aber auch zu Beginn des Winters drei Millionen Menschen, die mit Kohle heizten, schlicht den Ofen weggenommen - ohne vielen das versprochene Gas als Heizersatz liefern zu können.

Der blaue Himmel ist nicht von Dauer

Sie hat auch Hunderttausende Zugezogene aus Pekings Vorstädten über Nacht aus der Stadt geworfen, und dabei ganze Dörfer plattgemacht, in denen bis zuletzt noch viel mit billiger Kohle geheizt worden war. So dürfen sich die Pekinger auch über Fortschritte freuen, die auf dem Rücken ärmerer Landsleute erzielt wurden. Anderswo in China sieht es nicht ganz so gut aus: Landesweit haben sich die Luftwerte um kaum fünf Prozent verbessert.

Der chinesische Greenpeace-Ableger lobte die Regierung für das Erreichte, mahnte aber eine gerechter verteilte und vor allem nachhaltige Entwicklung an. "Die Entwicklung wird noch immer behindert von einer Politik, die die Kohle und Schwerindustrie fördert", sagte Huang Wei, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace.

Tatsächlich trauen die meisten Pekinger dem ewig blauen Himmel noch nicht so richtig. Das letzte Quartal 2017 mag sensationelle Werte geliefert haben, aber sie haben noch nicht vergessen, dass die Quartale davor sogar noch miserabler gewesen sind als im Vorjahr. Und das Umweltministerium prophezeit für die nächsten Wochen die Rückkehr des Smogs. Schnell noch einmal raus und den Himmel anbellen.

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