Umstrittenes Gesetzesvorhaben:Belgien steht vor Sterbehilfe für Kinder

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Sitzung des Senatsausschuss für Justiz und Soziales: Zustimmung für ein neues Sterbehilfegesetz (Foto: AFP)

Kinderärzte sind dafür, die Bevölkerung laut Umfragen ebenso, nun handelt die Politik: In Belgien stimmt ein Senatsausschuss einem Gesetzentwurf zu, der Sterbehilfe auch für Kinder und Jugendliche erlaubt. Dabei gab es in dem Land zuletzt Sterbehilfe-Fälle bei Patienten, die nicht todkrank waren.

Belgien gilt gemeinhin als ein freiheitliches Land. Wenn es um Rechte für Minderheiten geht beispielsweise, oder beim Thema Sterbehilfe: Seit Jahren hat der Benelux-Staat eines der liberalsten Sterbehilfegesetze in Europa. Nun steht das Land kurz davor, die Hürden für aktive Sterbehilfe erneut zu senken. Künftig soll es auch Kindern und Jugendlichen in sehr schwerwiegenden Fällen erlaubt sein, auf diese Weise freiwillig aus dem Leben zu scheiden.

Am Mittwoch stimmten zwei Parlamentsausschüsse dem Vorhaben zu, darunter auch der Senatsausschuss für Justiz und Soziales. Zwar muss der Gesetzentwurf noch das Senatsplenum und die zweite Kammer des Parlaments passieren. Das Ausschussvotum gilt aber als erster wichtiger Schritt, weil sich eine Mehrheit der Parteien aus Regierung und Opposition für die Neuregelung aussprach.

Es gehe darum, auf das "Drama" der Kinder eine Antwort zu finden, die "nicht zu lindernde Schmerzen haben", sagte der sozialistische Senator Philippe Mahoux, der das Gesetz angestoßen hatte. Die Schmerzen sind eines der Kriterien für legale Sterbehilfe. Daneben muss die Krankheit unheilbar sein. Der minderjährige Patient muss ferner urteilsfähig sein, wenn er den Schritt verlangt, und die Zustimmung der Eltern ist ebenfalls notwendig.

Schon jetzt wird Minderjährigen Sterbehilfe gewährt

Trotz des noch geltenden Verbots wird nach Angaben von Kinderärzten schon jetzt Minderjährigen in Belgien Sterbehilfe gewährt. Nach Schätzungen geht es um etwa zehn Fälle pro Jahr. Vor drei Wochen hatten sich in einem offenen Brief 16 Kinderärzte des Landes für das Gesetz stark gemacht. Dabei hoben die Mediziner die große Reife hervor, die sie bei minderjährigen Patienten angesichts schwerer Krankheit und bevorstehendem Tod beobachtet hätten.

Umfragen belegen, dass in Belgien die Mehrheit der Bevölkerung die Ausweitung der Sterbehilfe befürwortet. Allerdings gibt es auch Zweifel, ob die Patienten die von ihnen verlangte Entscheidung treffen können. "Das ist eine beträchtliche psychologische, menschliche und familiäre Last", sagte der Senator Francis Delpérée von der zentristischen Partei CDH.

Zuletzt hatten in Belgien mehrere Fälle für Schlagzeilen gesorgt, bei denen Sterbehilfe geleistet wurde, obwohl die Patienten nicht todkrank waren. Darunter war auch ein Patient, den eine Geschlechtsumwandlung entstellt hatte - und der sich laut eigenen Aussagen danach vor sich selbst ekelte.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/pauk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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