Ulm:Gaffer filmt sterbenden Motorradfahrer

  • Bei Ulm hat ein Gaffer nach einem Motorradunfall statt zu helfen den schwerverletzten Fahrer und die Ersthelfer gefilmt.
  • Als die Rettungskräfte eintrafen, machte er weiter, bis diese ihn zur Rede stellten. Er fuhr mit seinem Fahrrad weg, die Polizei fahndet nun nach ihm.
  • Gegen den Mann wird wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt.

Nach einem schweren Motorradunfall bei Ulm hat ein Gaffer den Fahrer mit seinem Handy aufgenommen, statt zu helfen. Der Fahrradfahrer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren habe nach dem Unfall am Sonntag noch vor Eintreffen der Rettungskräfte "unbeeindruckt die Unfallstelle und den Verletzten" gefilmt, teilt die Polizei mit.

Der Mann war vor Ort, als der Unfall passierte. Statt zu handeln, filmte er nach Angaben der Polizei zunächst drei Ersthelfer, die den Notarzt riefen und den Motorradfahrer versorgten. Als die Rettungskräfte eintrafen, machte er weiter, und behinderte sie bis sie ihn zur Rede stellten. Insgesamt habe der Mann etwa zehn Minuten lang gefilmt, sagte ein Sprecher der Polizei der SZ. Dann sei er mit seinem Fahrrad weggefahren.

Jetzt wird nach dem Mann gefahndet und wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt. Der Gaffer ist der Polizei zufolge von einer sogenannten Dashcam gefilmt worden, einer Kamera, die im Auto eines Zeugen am Armaturenbrett angebracht war. "Experten werten die Aufnahmen aus. Wir hoffen, dass uns die Aufnahmen auf die Spur des Mannes bringen", sagte ein Polizeisprecher. Dem Radfahrer drohe eine Geldstrafe, womöglich sogar eine Gefängnisstrafe.

Der 29-jährige Motorradfahrer war am Sonntagnachmittag auf der Bundesstraße 19 zwischen Heidenheim und Mergelstetten in Baden-Württemberg nach einem Überholmanöver mit seinem Motorrad ins Schleudern geraten und zunächst gegen die Leitplanke und schließlich gegen eine Straßenlaterne geprallt. Er erlag noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen.

In den vergangenen Jahren lösten ähnliche Vorfälle bundesweit immer wieder Entsetzen aus. Im April dieses Jahres wurden in Niedersachsen drei Männer zu Haft- und Geldstrafen verurteilt, weil sie die Polizei nach einem Unfall bei ihrer Arbeit behindert hatten. Ein Auto war frontal in eine Eisdiele in Bremervörde gerast, zwei Menschen waren dabei ums Leben gekommen. Die drei Gaffer hatten im abgesperrten Bereich mit ihren Handys fotografiert und sich mit Gewalt gegen einen Platzverweis der Beamten gewehrt.

Der Vorfall hatte dazu geführt, dass das Land Niedersachsen eine Initiative für einen "Gaffer"-Gesetzentwurf in den Bundesrat einbrachte, der bis zu einem Jahr Gefängnis oder eine Geldstrafe für denjenigen Vorsieht, "die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes behindert".

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