Übung für Anti-Terror-Kampf:Niederländische Soldaten sorgen in Hessen für Aufruhr

Männer mit turbanähnlichen Kostümen und Gewehren streifen durch die Wälder und Wiesen in Osthessen. Es dauert ein bisschen, bis sich herausstellt, dass eine Militärübung dahintersteckt.

Achtung! Das ist eine Warnung: Durch die Wälder in Osthessen zu spazieren, ist derzeit eine gefährliche Angelegenheit. Dort treiben mit Gewehren bewaffnete Männer ihr Unwesen. Sie hausen in olivgrünen Zelten, einige von ihnen tragen seltsame Kopfbedeckungen.

Was zur Hölle ist das? Das dachte sich eine Frau, die in der vergangenen Woche beim Spazierengehen in der Nähe der Stadt Bad Soden-Salmünster von der furchterregenden Horde überrascht wurde und sich sehr erschrak.

Die Frau informierte den Radiosender FFH, ein Reporter recherchierte und am Ende stellte sich heraus, dass es sich bei den Männern um eine Einheit des niederländischen Militärs handelte. Sie hatte für Auslandseinsätze geübt. Um die Übung realistisch zu gestalten, trugen die Soldaten turbanähnliche Kopfbedeckungen, die klischeemäßig an solche erinnern, die in Afghanistan getragen werden.

Übungen außerhalb von Truppenübungsplätzen seien üblich

Offenbar kamen die Niederländer aus der Kaserne im unterfränkischen Hammelburg in Bayern. Dort befindet sich ein Ausbildungszentrum der Vereinten Nationen, wo Blauhelm-Soldaten auf internationale Einsätze vorbereitet und geschult werden. Zu dem Gelände gehört auch ein Truppenübungsplatz und ein bereits vor Jahrzehnten verlassenes Dorf, in dem häuserkampfartige Guerilla-Situationen nachgestellt werden können.

Übungen außerhalb von Truppenübungsplätzen seien durchaus üblich, sagt ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, den FFH zitiert. Allerdings würden diese stets beim zuständigen Landratsamt angemeldet, so dass auch die Bürger darüber informiert werden können.

Dass das in diesem Fall nicht geschehen ist, erklärt das Landeskommando der Bundeswehr in Bayern damit, dass sich die niederländischen Soldaten offenbar keine Gedanken über die Landesgrenzen zwischen Bayern und Hessen gemacht hätten.

In der Tat waren die Behörden in Hessen nicht informiert über die Übung, die, wie FFH berichtet, in diesen Form schon seit mehreren Jahren stattfindet.

Das Landratsamt im hessischen Main-Kinzig-Kreis zeigt sich indes wenig verständnisvoll. "Ich dulde keine Geheimübungen ausländischer Soldaten in meinem Kreis", sagte Landrat Erich Pipa. Er habe Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen einen Brief geschrieben und innerhalb einer Woche um Aufklärung gebeten.

Ob die es allerdings vermag, den niederländischen Soldaten die Feinheiten der deutschen Geografie und den Zuständigkeits-Wirrwarr im Föderalismus näherzubringen, ist ungewiss.

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