TV-Interview mit Amanda Knox:"Ein Feld mit Stacheldraht"

Amanda Knox wurde in Italien wegen Mordes verurteilt und anschließend freigesprochen - in einem Prozess, der neu aufgerollt wird. Jetzt gibt sie ihr erstes TV-Interview, beteuert ihre Unschuld und erhebt Vorwürfe gegen die Polizei. Trotzdem sei sie eventuell bereit, für das neue Verfahren nach Italien zurückzukehren.

2007 wurde eine Freundin von Amanda Knox in der Universitätsstadt Perugia mit durchschnittener Kehle und halbnackt aufgefunden. Es war von Sexspielen die Rede, die außer Kontrolle geraten seien. Es folgte ein Justizdrama. Erst wurde Knox in Italien wegen Mordes zu einer langen Haftstrafe verurteilt, später freigesprochen - jetzt wird es einen weiteren Prozess geben. Nun äußerte sich die ehemalige Studentin in einem TV-Interview zu den Vorwürfen. Gleichzeitig nutzt sie die Gelegenheit um auf ihre gerade erschienene Autobiographie aufmerksam zu machen.

"Ich möchte, dass die Wahrheit ans Licht kommt", sagte die 25-jährige Amerikanerin in einem TV-Interview. "Ich möchte, dass die Missverständnisse erkannt werden. Ich möchte, dass ich wieder als Mensch gesehen werde", sagte sie im US-Sender ABC. "Ich saß im Gerichtssaal und sie nannten mich einen Teufel ... für sie war ich eine Mörderin." In Wahrheit sei sie in der Mordnacht jedoch bei ihrem Freund gewesen, sie hätten Marihuana geraucht und Sex gehabt.

Auf die Frage, ob sie an dem Mord beteiligt war, sagte Knox "Nein". Die Polizei habe sie aber zu missverständlichen Aussagen gedrängt. "Ich war nicht dort", fügte sie hinzu. Als das erste Urteil verkündet wurde, "konnte ich nicht mehr atmen", berichtete die junge Frau. Zur bevorstehenden Neuauflage des Verfahrens meinte Knox, dies sei ein Gefühl, als müsste sie erneut "durch ein Feld mit Stacheldraht" gehen. Zugleich sagte sie, ein Arzt habe ihr in Haft gesagt, dass sie HIV-positiv getestet sei.

Amanda Knox speaks to Diane Sawyer in New York in this undated handout photo

Amanda Knox im Interview mit Diane Sawyer vom Sender ABC:  Knox will "wieder als Mensch gesehen werden".

(Foto: REUTERS)

Knox erwägt Rückkehr nach Italien

Einen Termin für den Beginn des neuen Verfahrens gibt es noch nicht. "Meine Anwälte haben mir gesagt, ich bräuchte nicht teilnehmen", sagte Knox der Zeitung USA Today. Dennoch erwäge sie eine Rückkehr. Es sei ihr wichtig sich zu sagen: "Das ist nichts, was weit entfernt von mir geschieht und mir nichts bedeutet." Auch wenn der Gedanke an eine Rückkehr "angsteinflößend" sei.

Das Interview war präzise getimt: Zeitgleich am Dienstag erschien Knox Autobiografie "Zeit, gehört zu werden" (engl. "Waiting to Be Heard"). Sie wolle "die Dinge richtigstellen", schreibt Knox in ihrem Buch, das auch in Deutschland erschien. In dem Buch schreibt sie über Selbstmordpläne hinter Gitter und wirft einem hochrangigen Gefängnisangestellten sexuelle Belästigung vor.

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