Türkischer Vizepräsident fordert Lachverbot:Lachende Frauen

Der türkische Vizepräsident Bülent Arınç beklagt sich: Die Frauen in seinem Land lachen ihm zu viel. Selbst schuld!

Eine Stilkritik von Max Scharnigg

Vielleicht nennt man das eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Das Lachen dürfte den Frauen jedenfalls vergangen sein, nachdem am Dienstag gemeldet worden war, dass der türkische Vizepräsident Bülent Arınç genau das fordert. Neben lautem Lachen sind dem Politiker auch die langen Gespräche seiner Mitbürgerinnen am Handy und ganz generell ihre Attraktivität in der Öffentlichkeit verdächtig. Alles Anzeichen für den moralischen Verfall der Türkei, alles deshalb einzustellen!

Bevor er sich weiter in der Sache verläuft, sei Bülent Arınç die Dissertation der Berliner Wissenschaftlerin Barbara Merziger empfohlen, die das Lachen der Frauen analysiert hat. Womöglich sind er und seine Regierung nämlich selbst schuld an dem schallenden Gelächter. Ein Ergebnis der empirischen Lachstudie ist schließlich, dass gerade gesellschaftlich unterdrückte Gruppen besonders viel lachen. Frauen nutzen dieses Ausdrucksmittel dann wie eine Therapie, sie lachen Ungerechtigkeiten weg, und gemeinsames Lachen wird in solchen Situationen zu einer nonverbalen Solidaritätserklärung.

Kein Wunder, dass Arınç Angst hat. Weiter führt Merziger in ihrer Arbeit aus, dass Männer ihre Kommunikation oft mit Husten und "Äh" takten, während Frauen stattdessen lachen und so in ihrem Umfeld für Entspannung und Stressabbau sorgen. Ekmeleddin İhsanoğlu, Kandidat der Opposition für die türkische Präsidentschaftswahl im August, hatte also auch wissenschaftlich recht, als er auf die Meldung vom Lachverbot antwortete: Nichts brauche die Türkei so sehr wie das fröhliche Lachen von Frauen.

© SZ vom 30.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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