Türkei:Blumenkinder

Expo 2016 Antalya

Dieser Strauch-Hase ist eine von 700 000 Gewächsen auf der Expo.

(Foto: Anadolu Agency/Getty Images)

Die Gartenbau-Expo in Antalya ist die erste Ausstellung dieser Art in der Türkei. Mit ihr möchte die Regierung der aktuellen politischen Lage und der terroristischen Bedrohung trotzen.

Von Luisa Seeling

Das Herzstück der Schau ist 120 Meter hoch und trotz seines Gewichts von 2000 Tonnen elegant wie ein Blütenkelch, der sich nach oben hin öffnet. Manch einer nennt die futuristische Stahlkonstruktion gar den "Eiffelturm der Türkei". Das ist etwas hoch gegriffen, das Wahrzeichen von Paris ist gut 200 Meter höher. Aber die Gartenbau-Expo in Antalya ist die erste Ausstellung dieser Art in der Türkei, und im Land scheint man fest entschlossen, das Ereignis trotz Terrorgefahr und angespannter politischer Lage nach Kräften zu feiern. Präsident Recep Tayyip Erdoğan lässt es sich nicht nehmen, die Schau an diesem Freitag persönlich zu eröffnen, und die türkische Presse bejubelt botanische Superlative: Fast 700 000 Gewächse seien auf dem 112 Hektar großen Ausstellungsareal untergekommen, 25 000 Bäume habe man gepflanzt - sogar einen 945 Jahre alten Baum habe man angesiedelt, der bislang in dem Dorf Bademli bei Izmir ein eher ruhiges Dasein fristete.

Eigentlich hatten die Türken höher gezielt, sie hätten gerne die alle fünf Jahre stattfindende Weltausstellung in Izmir ausgerichtet, doch der Zuschlag für 2015 ging an das italienische Mailand, für 2020 an Dubai. Stattdessen wurde es die Gartenbau-Expo in Antalya. Das Motto der Schau lautet "Blumen und Kinder", was ein wenig nach Hippietum und freier Liebe klingt, aber eigentlich den Nachhaltigkeitsgedanken auf eine griffige Formel bringen soll. Und so gibt es in Antalya nicht nur einen chinesischen Garten namens "Juwel des Mondes", eine spätosmanische Grünanlage und eine große Heil- und Gewürzpflanzenausstellung zu bestaunen, sondern auch grüne Innovationen aus aller Welt, etwa ein "nachwachsendes Büro" (deutscher Pavillon).

Etwas mehr als 40 Staaten beteiligen sich an der Expo, weit weniger als die ursprünglich anvisierten 100, aber auch mehr, als die Veranstalter zwischenzeitlich befürchtetet hatten. Seit vergangenem Jahr hat sich die Sicherheitslage in der Türkei dramatisch verschlechtert. Im Südosten sind die Kämpfe zwischen Armee und militanten Kurden wieder ausgebrochen, in den Städten geht die Terrorangst um. Im Januar starben bei einem Anschlag in der Istanbuler Altstadt deutsche Touristen, im März tötete ein Selbstmordattentäter drei Ausländer in der belebten Istiklal-Straße. Hinter beiden Anschlägen soll die IS-Terrormiliz stecken. Die Besucherzahlen sollen daraufhin um zehn Prozent eingebrochen sein. Knapp zwei Wochen vor Beginn der Expo gaben dann auch noch die USA eine Reisewarnung heraus: Es gebe "glaubhafte Bedrohungen für Touristengebiete, insbesondere für öffentliche Plätze und Hafenanlagen in Istanbul und Antalya". Da klingt es fast schon verzweifelt, wenn die Expo-Macher die guten Effekte für den Tourismus beschwören.

Auf bessere Geschäfte hoffen auch die Pflanzenzüchter, die in die Mühlen der Weltpolitik geraten sind. Die Spannungen zwischen Ankara und Moskau im Syrien-Konflikt schadeten der Branche, klagte der Vorsitzende des Verbandes der Zierpflanzenproduzenten. "Russland hat ein Embargo über unsere Blumen verhängt." Er hoffe, "dass Blumen, das Symbol des Friedens, der Expo in Antalya Ruhe bringen werden".

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