Trump-Sohn Barron:Little Donald

Der kritische Umgang mit Barron Trump, dem zehnjährigen Sohn des US-Präsidenten, hat zu einer Suspendierung bei einem Fernsehsender geführt. Nur: Wie soll man umgehen mit einem Kind im Rampenlicht?

Von Michael Neudecker

Es gibt sehr viele Fotos von Barron Trump, aufgenommen am 20. Januar 2017, dem Tag, an dem sein Vater Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wurde, auf einigen lächelt er, auf manchen winkt er, auf anderen lässt er einfach das Geschehen auf sich wirken, mit dem souveränen Desinteresse eines Zehnjährigen. Und dann gibt es dieses Bild, das auf dem Weg der Trumps zur Inauguration gemacht wurde. Es zeigt Barron Trump, wie er ernst und aufmerksam durch die leicht getönte Scheibe der schwarzen Limousine schaut, auf die Menschen, die da am Wegrand stehen, offensichtlich Trump-Gegner; neben der Limousine geht ein sehr grimmig blickender Leibwächter.

Barron Trump, der die Welt durch getönte Scheiben sieht, und dazwischen ein Leibwächter: Fotos sind Momentaufnahmen, nicht immer erzählen sie die ganze Geschichte, aber manchmal vielleicht doch.

"Barron Trump verdient die gleiche Chance wie jedes Kind - Kind zu sein", das hat Chelsea Clinton nun auf Twitter geschrieben, die Tochter von Hillary und Bill Clinton. Dass ausgerechnet die Tochter der Frau, die Donald Trump noch vor ein paar Wochen quasi zum Abschuss freigegeben hat, das Wort für Trumps Sohn ergreift, hat man in den USA als durchaus bemerkenswert aufgenommen, gerade in den sozialen Medien erntete Chelsea Clinton dafür viel Zustimmung. Dass es aber überhaupt so weit kam, dass jemand wie Chelsea Clinton die schützende Twitter-Hand über dem zehnjährigen Jungen ausbreitete, das liegt auch an Katie Rich.

Die Satirikerin löschte ihren Tweet zwar, aber da war es schon zu spät

Katie Rich ist eine von mehreren Autoren der in Amerika sehr populären und ziemlich Trump-kritischen Satiresendung "Saturday Night Live". Am Freitag, während der Inauguration, blies sie die unbedachten Worte ins Netz, Barron werde eines Tages der erste Amokläufer einer Homeschool sein. Das mit der Homeschool war falsch, Barron Trump wird nicht zu Hause unterrichtet, sondern auf der Columbia Grammar and Preparatory School an New Yorks Upper West Side; aber das war nicht der Punkt. Der Punkt war, dass sie den Sohn des Präsidenten zum künftigen Amokläufer machte, und weil Rich schnell merkte, dass auch Satire Grenzen hat, löschte sie den Tweet wieder und entschuldigte sich. Das Internet aber denkt in Sekunden, die Debatte war da längst am Laufen. Am Dienstagmorgen mitteleuropäischer Zeit meldete die Nachrichtenagentur AP, Rich sei von ihrem Arbeitgeber, dem Sender NBC, vom Dienst suspendiert worden. Sieht so aus, als behielte das Verhältnis der Trumps zu den US-Medien noch länger den Status "angespannt".

Es wird viel geredet und geschrieben über Barron Trump in den USA in diesen Tagen, immerhin ist er der erste First Son seit einem halben Jahrhundert: Seit John F. Kennedy Jr. hatten die US-Präsidenten ausschließlich Töchter. Melania Trump, die First Lady und Mutter von Barron, hat vor einiger Zeit gesagt, sie versuche, Barron so gut es gehe aus der Öffentlichkeit herauszuhalten, aber es ist nicht ganz klar, wie ernst es ihr und vor allem ihrem Mann damit wirklich ist. Barron Trump ist spätestens seit seinem verschlafenen Auftritt in der Wahlnacht, als er direkt neben seinem redenden und gestikulierenden Vater stand, gähnte und in die Luft starrte, mittendrin im Rampenlicht, das Donald Trump immer mit sich zieht, als sei er ohne das Rampenlicht nicht lebensfähig. Und dass verhältnismäßig viel über Barron bekannt ist, dazu hat auch Melania Trump ihren Beitrag geleistet.

Vor ein paar Jahren bot ihr Management einer Eltern-Website in den USA ein Interview an, darin ging es dann ein paar Fragen lang um Melania Trumps berufliche Partnerschaft mit einem Luxusjuwelier ("Was ist Ihr Lieblingsstück in der Kollektion?"), danach aber auch um den damals sechsjährigen Barron. Melania Trump erzählte, wie und was er gerne spiele ("Er kann stundenlang alleine spielen"), dass er gerne mit seinem Daddy golfen gehe, dass sie ihn deshalb immer "Little Donald" nenne, den kleinen Donald, dass außerdem Vater Donald nie die Windeln gewechselt oder ihn zu Bett gebracht habe, was aber völlig okay sei. Kinder mögen es nicht, wenn Eltern Geschichten über sie erzählen, und wenn die Geschichten im Internet nachzulesen sind, macht es das nicht gerade leichter.

Die Frage, die nun in Sachen Little Donald diskutiert wird, ist die, wie man denn umgehen soll mit so einem Kind im Rampenlicht: Ist es okay, überhaupt über einen Zehnjährigen zu reden, nur weil ihn das Schicksal in eine gerne berühmte Familie hineingeboren hat? Ihn sympathisch oder unsympathisch zu finden, nur weil ihm seine Eltern ein ganzes Stockwerk in einem gülden glänzenden Turm in New York zur Verfügung stellen (wo er noch mindestens bis zum Ende des laufenden Schuljahres bleiben wird) und ihn - angeblich - mit einer Art Creme aus Kaviar einschmieren?

Die Antwort ist nicht einfach, zumal dann, wenn seine Eltern dem Anschein nach nicht allzu große Anstrengungen unternehmen, ihn vor Daddys Rampenlicht zu schützen, vor den Fotos, die dauernd gemacht werden. Als Donald Trump im Oval Office sein erstes Papier als Präsident unterzeichnete, war er umgeben von der gesamten Familie, Bilder wie dieses werden meist sorgfältig arrangiert, sie sind gut fürs Image. Es gibt kaum ein Foto, auf dem Barron Trump nicht zu sehen ist.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: