Trennung von Tom Cruise und Katie Holmes:Streit um Suri - und Scientology

Wollte Katie Holmes ihre Tochter dem Einfluss von Scientology entziehen? Ist das der wahre Grund für die Trennung der Schauspielerin von Tom Cruise? Wenn es so ist, dann dürfte die "Beleidigung des Aushängeschildes" der Sekte zu einer schlimmen Schmutzkampagne führen.

Lena Jakat

Trennt sich ein Paar, kann das hässliche Folgen haben: Streit um Geld, Haus, Kinder. Trennt sich ein Paar in Hollywood, kommt das öffentliche Interesse - das nicht unbedingt das der Protagonisten sein muss - als unangenehmer Nebeneffekt dazu. Trennen sich Tom Cruise und Katie Holmes, wird all das noch garniert mit dem Zusatzkonflikt "liebende Mutter vs. totalitäre Organisation". Kaum war am Freitag bekanntgeworden, dass Holmes die Scheidung eingereicht hat, stand für viele die dazugehörige Rahmenhandlung schon fest: Die 33-Jährige wollte Töchterchen Suri den Fängen der Scientology-Sekte entreißen.

"Katies oberste Priorität bleibt, wie sie es schon immer war, das Wohl ihrer Tochter", heißt es in einem Statement vom Anwalt der Schauspielerin. Nun entspricht das, was in der Yellow Press veröffentlicht wird, nicht unbedingt der Wahrheit. Auch wenn die sechs Jahre alte Suri beim Boulevard vor allem immer wieder wegen ihrer aufwändigen Garderobe und ihres luxuriösen Lifestyles Beachtung fand. Aber auch andere Quellen - anonym, natürlich - bestätigen in US-Medien die Spekulationen um einen Zusammenhang mit Scientology: Katie habe sich getrennt, sagen sie, weil sie fürchte, Cruise könne die gemeinsame Tochter tiefer in die Sekte hineinziehen. So soll Holmes die Scheidung in New York - und nicht in Los Angeles - eingereicht haben, weil dort die Chancen besser stünden, dass ihr das alleinige Sorgerecht für die sechsjährige Suri zugesprochen werde.

Am Montag folgten Berichte, Holmes werde von Scientology beschattet und fühle sich bedroht. Das Promi-Portal tmz.com veröffentlichte Bilder eines schwarzen und eines weißen Geländewagens mit getönten Scheiben, die der Schauspielerin auf Schritt und Tritt folgen sollen. Die Sun berichtet weiter, Holmes sei durch diese Observation so verunsichert gewesen, dass sie bereits die Polizei eingeschaltet habe. Selbst Medienmogul Rupert Murdoch höchstpersönlich - dessen Boulevardblätter für ihre bisweilen zweifelhaften Methoden ebenfalls umstritten sind - kommentierte die Entwicklung auf Twitter: "Beobachte, wie sich die Geschichte Katie Holmes - Scientology entwickelt. Diese Leute haben etwas Unheimliches, vielleicht sogar Böses an sich", schrieb der 81-Jährige in dem Kurznachrichtendienst.

Was klingt wie eine für den Boulevard erfundene Geschichte, fast zu abenteuerlich, um wahr zu sein, ist nach Einschätzung von Sektenexperten ein durchaus realistisches Szenario. "Für Scientology ist das ein Affront, wie es ihn lange nicht gegeben hat", sagt Ursula Caberta, Sektenexpertin und Scientologys energischste Gegnerin in Deutschland, zu Süddeutsche.de. Dem Ansehen der Organisation durch eine plötzliche Trennung derart zu schaden, werde von Scientology als schweres Verbrechen geahndet: "Das Aushängeschild so zu beleidigen, das tut man nicht."

Cabertas Einschätzung zufolge dürfte die Glaubensgemeinschaft nun alles daran setzen, die Kontrolle über Suri zu bekommen. "Sie werden Katie fertigmachen. Sie wissen alles über sie." Ihre Einschätzung teilen Aussteiger wie Michael Handl. Der Sorgerechtsstreit werde "mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Schlammschlacht" ausarten, sagte der frühere Leitende Direktor der Sekte in Wien der Rheinischen Post.

Scientology-"Aufpasserin" für Holmes

Holmes, die als Joey Potter in der TV-Serie Dawson's Creek einst ihren Durchbruch als Schauspielerin feierte, wurde in ihrer Heimat Ohio katholisch erzogen, wandte sich jedoch ebenfalls Scientology zu, als sie Tom Cruise heiratete. Bei der Trauung auf einem italienischen Schloss 2006 war der exzentrische Sektenchef David Miscavige höchstpersönlich Trauzeuge des Paares.

"Die Mitglieder von Scientology sind gläserne Menschen", erläutert Expertin Caberta. Medienberichten und auch den Ausführungen des Ex-Scientologen Handl zufolge wurde Holmes von Scientology eine eigene "Aufpasserin" zur Seite gestellt. Als Cruise' dritte Ehefrau habe sie sehr wahrscheinlich an sogenannten Auditing-Sitzungen teilgenommen, die das Innenleben eines Menschen komplett durchleuchten sollen, spekuliert Caberta. Zudem hält die Hamburger Sektenexpertin es für durchaus wahrscheinlich, dass die Organisation Privatdetektive auf Holmes angesetzt hat. Scientology verfüge mit all diesem Wissen über enormes Erpressungspotential. "Die Leute unterschätzen das immer. Man kann sich einfach nicht vorstellen, dass eine Organisation so böse sein kann."

Scientology-Schulen mit Drill und absolutem Gehorsam

Dass die 33-jährige Holmes ihren fast 17 Jahre älteren Ehemann ausgerechnet jetzt verlassen hat, könnte ebenfalls mit den Strukturen der Scientology-Organisation zusammenhängen. Spätestens im Alter von sechs Jahren, sagt Caberta, werden Kinder in die Hände der Sekte übergeben. Unter anderem übernimmt Sea Org, eine Art Eliteeinheit mit paramilitärischer Marine-Anmutung, die Ausbildung im Sinne von Sektengründer L. Ron Hubbard. "Dort herrscht absolute Kontrolle, alles ist reglementiert", sagt Caberta. Die Kinder würden gedrillt und zu absolutem Gehorsam erzogen, lebten von ihren Familien getrennt.

Nach der Logik von Scientology gibt es keine Kinder, sondern nur Thetane - Geistwesen -, die in kleinen Körpern leben. Daher würden Kinder wie Erwachsene behandelt und in die Macht- und Befehlsstrukturen der Sekte integriert, erklärt die Autorin von Schwarzbuch Scientology. Dass Holmes ihrer Tochter Suri, solche Kadettenschulen à la Scientology offenbar gerade noch rechtzeitig ersparen wollte, kommt nach Einschätzung von Beobachtern für die Organisation zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt.

Seit der Affäre um Debbie Cook, einem früheren hochrangingen Scientology-Mitglied, die in einer E-Mail an Tausende Mitglieder Sektenchef Miscavige offen angriff, verliert die Organisation ein prominentes Mitglied nach dem anderen. Wie die New Yorker Wochenzeitung Village Voice online berichtete, distanzierten sich zuletzt sogar Miscaviges eigene Eltern und die Enkelin von Sektengründer L. Ron Hubbard von Scientology.

Dass nun ausgerechnet die Frau ihres berühmtesten Botschafters ein derart schlechtes Licht auf die Organisation werfen könnte, dürfte dem angeschlagenen Image weiter schaden - und könnte tatsächlich vehemente Gegenwehr befeuern. Die Prominenz, die Cruises Noch-Ehefrau genießt, sei in diesem Fall kein Schutz, im Gegenteil. "So potentiert sich der Imageschaden noch", sagt Caberta.

Ihr Rat an Katie Holmes: das Kind packen und abhauen. Oder noch besser: reinen Tisch machen, alles auspacken und so möglichen, von Scientology lancierten Schmutzkampagnen zuvorkommen. "So könnte sie als Heldin dastehen."

Weder Tom Cruise noch Katie Holmes haben ihre Trennung bislang persönlich kommentiert. "Tom ist sehr traurig und konzentriert sich auf die Kinder", sagte Cruise Anwalt dem US-Sender CNN. Der Schauspieler, der an diesem Dienstag 50 Jahre alt wird, hat neben Suri auch zwei 17 und 19 Jahre alte, adoptierte Kinder aus seiner Ehe mit der Schauspielerin Nicole Kidman. Er hält sich derzeit auf Island auf, wo er für den Action-Thriller Oblivion vor der Kamera steht.

Ergänzung: Scientology dementiert die Medienberichte: In einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AFP wies ein Anwalt der Organisation alle Vorwürfe und Mutmaßungen zurück.

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