Transplantationsskandal in Leipzig:Staatsanwaltschaft klagt ehemalige Oberärzte wegen versuchten Totschlags an

  • Es ist die dritte Anklage im bundesweiten Transplantationsskandal: Die Staatsanwaltschaft in Leipzig wirft zwei ehemaligen Oberärzten versuchten Totschlag vor.
  • Die beiden Mediziner sollen Akten zugunsten ihrer Patienten manipuliert haben.
  • Doch der Fall eines anderen Transplantationschirurgen in Göttingen zeigt: Für die Gerichte ist es schwer, den Medizinern nachzuweisen, dass tatsächlich ein Schaden für andere Patienten entstanden ist.

Von Christina Berndt

Anklage gegen zwei ehemalige Oberärzte in Leipzig

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat Anklage gegen zwei ehemalige Oberärzte des Universitätsklinikums Leipzig erhoben. Den beiden Chirurgen wird gemeinschaftlicher versuchter Totschlag in 31 Fällen vorgeworfen, weil sie in den Jahren 2010 und 2011 Manipulationen an Patientenakten veranlasst haben sollen. Diese führten dazu, dass ihre Patienten bevorzugt eine Spenderleber erhielten.

Damit hätten die Ärzte billigend in Kauf genommen, dass anderen todkranken Patienten eine Heilbehandlung vorenthalten worden sei, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag mit: "Ein solches bewusstes und aktives Vereiteln fremder Rettungsbemühungen ist grundsätzlich als versuchtes oder vollendetes Tötungsdelikt zu bewerten."

Dass tatsächlich Patienten infolge der Manipulationen verstarben, sei allerdings nicht nachgewiesen. Deshalb werde gegen die beiden früheren Oberärzte lediglich der Vorwurf des versuchten Totschlags erhoben. Das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Chefarzt der Klinik wurde dagegen eingestellt, da ihm keine Beteiligung nachgewiesen werden konnte.

Dritte Anklage im bundesweiten Transplantationsskandal

Es handelt sich - nach Vorfällen in Göttingen und München - um die dritte Anklage im bundesweiten Transplantationsskandal, der seit 2012 mehrere Kliniken erfasst hat.

In München hat das zuständige Gericht noch nicht über die im März 2015 erhobene Anklage gegen einen früheren Oberarzt des Klinikums "Rechts der Isar" entschieden. Hier wirft die Staatsanwalt dem Chirurgen lediglich "versuchte gefährliche Körperverletzung" vor und geht nicht von einer Tötungsabsicht aus. Er habe zwar in Kauf genommen, dass die durch sein Handeln übergangenen Patienten länger leiden mussten und dass für sie womöglich Lebensgefahr bestand. Doch die Staatsanwälte billigen dem Arzt zu, "dass er in dem Vertrauen handelte, die übergangenen Patienten würden noch rechtzeitig ein weiteres Organangebot erhalten und daher nicht versterben".

Keine juristische Handhabe im Göttinger Fall

In Göttingen endete der Prozess gegen den angeklagten früheren Leiter der Transplantationschirurgie am Universitätsklinikum im Mai mit einem Freispruch. Der Richter sah - obwohl er die Verantwortung des Arztes für mindestens acht Fälle von Manipulationen als erwiesen ansah - keine juristische Handhabe gegen den Arzt: Der Nachweis, dass andere Patienten geschädigt wurden, habe nicht erbracht werden können, sagte er. Außerdem seien die Manipulationen selbst zum Zeitpunkt der Tat nicht strafbar gewesen.

Das hat sich durch die jüngsten Skandale geändert: Das Transplantationsgesetz sieht jetzt eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren für Manipulationen an der Warteliste vor.

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