Transplantationsmedizin:Langes oder glückliches Leben?

Bei vielen Menschen mit Behinderung, wie dem kleinen Muhammet, ist die Erfolgsaussicht einer Transplantation geringer. Aber was bedeutet bei Spenderorganen eigentlich Erfolg?

Kommentar von Christina Berndt

Zweimal ist das Transplantationsgesetz in kurzer Zeit novelliert worden. Und beide Male hat es sich der Gesetzgeber zu leicht gemacht: "Dringlichkeit" und "Erfolgsaussicht" sollen nach wie vor darüber entscheiden, ob ein Patient ein Organ bekommt. Das Problem dabei ist: Dringlichkeit und Erfolgsaussicht stehen einander oft diametral gegenüber. Wer besonders dringend ein Organ benötigt, bei dem ist der langfristige Erfolg des Eingriffs oft geringer als bei einem Patienten, dessen Zustand noch so stabil ist, dass er länger warten kann.

Und was ist eigentlich Erfolg nach einer Transplantation? Ein besonders langes Leben mit dem neuen Organ? In diesem Fall ist bei vielen Menschen mit Behinderung, wie dem kleinen Muhammet, die Erfolgsaussicht einer Transplantation geringer als bei Gesunden. Oder zählt doch ein möglichst glückliches Leben mehr?

Auf diese Fragen ist keine wissenschaftliche Antwort möglich. Trotzdem bleibt es ausgerechnet der Bundesärztekammer überlassen, in diesem Dilemma die Entscheidungen zu fällen: einem privaten Verein, dessen "Bundes"-Anteil im Namen Vortäuschung falscher Tatsachen ist. Auch wenn der Bundesgesundheitsminister inzwischen die Entscheidungen absegnen darf: Wenn es um die Verteilung von Lebenschancen geht, müssen Antworten in einem politischen Diskurs gefunden werden. Dies würde gewiss auch die Akzeptanz der Transplantationsmedizin erhöhen.

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