Transplantationen:Tollwut-Infektionen durch Organspenden

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Zum ersten Mal in Deutschland haben sich Patienten bei Organtransplantationen offenbar mit dem tödlichen Erreger angesteckt. Für drei Menschen gibt es keine Hoffnung mehr.

Die drei Patienten hatten Ende vergangenen Jahres Organe einer mutmaßlich mit der hochansteckenden Krankheit infizierten Frau erhalten, deren Erkrankung aber nicht bekannt war, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) am Mittwoch in Neu-Isenburg berichtete. Die Kranken befänden sich zum Teil in einem äußerst kritischen Zustand.

Operation (Foto: Foto: ddp)

Erste Hinweise auf die Erkrankung der Patienten erhielt die Stiftung am Montag, wie DSO-Vorstand Günter Kirste sagte. Bei der Nachfrage nach dem Zustand der insgesamt sechs Organempfänger seien bei dreien ähnliche Symptome aufgefallen. Drei weitere Empfänger zeigen bislang keine Krankheitsanzeichen.

Inzwischen seien in den Transplantationszentren, in den Krankenhäusern und bei der DSO vorsorglich alle mit der Spenderin und den infizierten Patienten in Kontakt gekommene Personen geimpft worden.

Lebensbedrohlich erkrankt sind den Angaben zufolge ein Patient in Hannoversch-Münden, dem eine Niere verpflanzt worden war, und ein Mann in Marburg, der die zweite Niere der Spenderin sowie die Bauchspeicheldrüse erhalten hatte.

Drei Empfänger noch ohne Symptome

Der Mann hatte die Uniklinik bereits wieder verlassen und kam am Montag mit schweren Krankheitssymptomen zurück. Eine junge Frau in Hannover, die nach dem Erhalt einer Lunge ebenfalls Tollwut-Symptome gezeigt hatte, befand sich am Abend in einem stabilen und nicht lebensbedrohlichen Zustand, sagte ein Sprecher der Medizinischen Hochschule.

Es bestehe nahezu keine Hoffnung, ihr Leben retten zu können, sagte der Ärztliche Direktor des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, Manfred Thelen.

Ohne Tollwut-Symptome sind laut DSO ein Patient, der in Heidelberg die Leber der Spenderin erhalten hatte, und zwei Patienten, die in Mainz die Augenhornhäute transplantiert bekommen hatten.

Sollte sich die Tollwut-Infektion der schwer erkrankten Patienten bestätigen, wäre dies laut DSO der erste Fall in Deutschland, bei dem Organempfänger mit dieser Krankheit infiziert wurden.

In den USA waren im vergangenen Jahr vier Patienten an Tollwut gestorben, denen infizierte Organe vom selben Spender übertragen worden waren. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörden handelte es sich um den ersten bekannten derartigen Fall.

Die Spenderin war laut DSO im Oktober von einer Indien-Reise zurückgekehrt. Ob sie dort von einem Tier gebissen wurde, sei nicht bekannt, sagte Vorstand Kirste. In Indien gibt es nach Laucharts Angaben pro Jahr 30.000 bis 50.000 Tollwut-Tote.

Die Spenderin habe keine Symptome von Tollwut gehabt. Die junge Frau hatte nach Konsum von Kokain und Ecstasy einen Herzstillstand erlitten, wie Thelen mitteilte. Nach Problemen bei der Wiederbelebung sei in der Mainzer Uni-Klinik der Hirntod eingetreten. Die mutmaßlich infizierten Organe wurden ihr an der Uniklinik Mainz entnommen.

Erste Untersuchungen ergaben Hinweise auf Tollwut

Nach der Organentnahme seien alle vorgeschriebenen Untersuchungen durchgeführt worden, sagte der Ärztliche Direktor der Klinik, Manfred Thelen. "Die Diagnostik auf eine mögliche Tollwuterkrankung im Vorfeld einer Transplantation ist unmöglich", sagte Thelen: "Dass dieser Fall jetzt eingetreten ist, ist ein schreckliches Unglück, das aber nicht ausgeschlossen werden kann."

Erste Untersuchungen auf Grund der Verdachtsfälle hätten in der Hirnmasse der Patientin typische Hinweise auf Tollwut ergeben, eine endgültige Bestätigung könnten aber nur weitere Tests liefern, sagte Kirste. Auch der DSO-Vorstand sprach von einem "bedauerlichen Ausnahmefall". Ärztliches Fehlverhalten sei auszuschließen.

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts hat es in den vergangenen zehn Jahren nur zwei Fälle von Tollwut beim Menschen in Deutschland gegeben. Beide Male hätten sich die Patienten im Ausland - in einem Fall in Indien, in einem in Sri Lanka - angesteckt und seien gestorben.

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