Schwere Überschwemmungen:In Russland ertrinken mehr als 100 Menschen in den Fluten

Die Behörden sprechen von der schlimmsten Naturkatastrophe seit zehn Jahren: In der südrussischen Region Krasnodar sind bei schweren Unwettern bislang mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Tausende Haushalte waren zeitweise ohne Strom.

Fast 24 Stunden hatte es ohne Unterbrechung geregnet - mit verheerenden Folgen: Bei schweren Überschwemmungen im Süden Russlands sind nach jüngsten Angaben mindestens 103 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Toten in der Region Krasnodar seien viele ältere Menschen und mindestens ein Kind, teilten die örtlichen Behörden mit. Von offizieller Seite ist bereits von der schlimmsten Naturkatastrophe in der Schwarzmeerregion seit zehn Jahren die Rede.

A car lies submerged in a flooded street in the village of Novoukrainsk

Verzweifelter Kampf gegen die Wassermassen: Wie hier in Novoukrainsk sind nach andauernden, heftigen Regenfälle zahlreiche Städte in der südrussischen Region Krasnodar überschwemmt.

(Foto: REUTERS)

Allein im Bezirk Krimsk rund 300 Kilometer nördlich von Sotschi, wo 2014 die Olympischen Winterspiele stattfinden, seien etwa 92 Menschen ertrunken. Das teilten die örtlichen Behörden nach Angaben der Agentur Interfax mit. Mindestens zwei Menschen starben in Russlands größtem Schwarzmeer-Hafen Noworossijsk, der wegen des massiven Sturms den Betrieb stark einschränken musste. Neun Touristen kamen im Küstenort Gelendschik ums Leben - davon fünf durch Stromschläge, weil ein Blitz in einen Transformator geschlagen war.

"An eine solche Katastrophe kann sich hier niemand erinnern"

Nach fast zweitägigem Dauerregen überflutete Hochwasser etwa 5000 Häuser, rund 22.000 Menschen waren ohne Strom. In mehreren Städten wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Bahngleise und Straßen seien unterspült oder von Schlamm überdeckt und unpassierbar, hieß es. Die Armee stellte Speziallastwagen und Hebekräne bereit.

"An eine solche Katastrophe kann sich hier niemand erinnern", sagte Gouverneur Alexander Tkatschow. Etwa 1500 Rettungskräfte waren im Dauereinsatz. Die Polizei verstärkte die Präsenz in der Region, um Plünderungen zu verhindern. Augenzeugen berichteten von rund sieben Meter hohen Wellen, mit denen das Wasser in die Orte hineingeschossen sei. Zahlreiche Bewohner überraschte das Unwetter im Schlaf.

Präsident Wladimir Putin kündigte einen Besuch in der Katastrophenregion rund 1200 Kilometer südlich von Moskau an. Der Kreml schickte zudem ein Transportflugzeug mit weiteren Rettungskräften und zwei Hubschraubern in das Gebiet.

Tote durch Unwetter in Deutschland

Auch in Deutschland sorgen an diesem Wochenende Unwetter für schwere Schäden und haben bereits drei Todesopfer gefordert. Ein neunjähriges Mädchen wurde in Heidenau an der Elbe vom Blitz getroffen. Das Kind hatte sich am Freitagabend in einem Freibad ganz in der Nähe eines Baumes aufgehalten, in den der Blitz einschlug. Polizeiangaben zufolge erlag die Neunjährige trotz schneller Hilfe in einem Krankenhaus ihren Verletzungen. Weitere Badegäste wurden nicht verletzt.

Sturmböen ließen anderorts Bäume umknicken. Bei Laußnitz im Landkreis Bautzen wurde das einem Autofahrer zum Verhängnis: Der Mann hatte auf der Bundesstraße 97 am Fahrbahnrand angehalten, um das Unwetter an sich vorbeiziehen zu lassen, wie ein Polizeisprecher sagte. Ein großer Baum sei umgestürzt und habe den Fahrer unter sich begraben. Seine Identität konnte zunächst nicht geklärt werden. Das Auto eines weiteren Fahrers, der auch auf der B 97 unterwegs war, wurde ebenfalls von einem Baum getroffen. Der Fahrer und sein Beifahrer wurden dabei leicht verletzt.

Radfahrerin stirbt durch umstürzenden Baum

In Lüneburg wurde eine Radfahrerin eine Stunde nach einem Gewitter von einem umstürzenden Baum getötet. Ob der morsche Baum wegen des Unwetters umgestürzt war, konnte die Polizei zunächst nicht klären.

Am Freitag traten nach starken Regenfällen in einigen Gebieten Sachsens Bäche über die Ufer und spülten Schlammmassen auf Fahrbahnen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) verzeichnete in Lichtentanne im Landkreis Zwickau nahe der Pleißequelle mit 68 Liter Regen pro Quadratmeter, die binnen 24 Stunden niedergingen, den höchsten Wert in Sachsen.

Vielerorts liefen Keller voll und Straßen verwandelten sich in kleine Flüsse. Nahe Dresden stürzte ein Strommast um. Betroffen waren vor allem die Bereiche Werdau, Königswalde und Crimmitschau sowie Treuen und Lengenfeld. In Zwickau wurde ein Straßentunnel geflutet und musste bis auf Weiteres gesperrt werden. Das Unwetter führte zu zahlreichen Einsätzen von Feuerwehr und Polizei.

Wie ein DWD-Meteorologe in Leipzig sagte, lagen die Regenmengen, die binnen 24 Stunden gemessen wurden, im Großraum Dresden zwischen 13 und 20 Liter. In Nossen nordwestlich von Dresden wurden 30,7 Liter registriert, in Dürrhennersdorf in der Oberlausitz gingen 43,6 Liter Regen nieder.

Schwere Unwetter in Mitteleuropa

Auch in Polen, Tschechien und der Slowakei gab es in der Nacht zum Samstag schwere Unwetter. Im polnischen Niederschlesien wurden zahlreiche Keller überflutet. Verbindungsstraßen wurden durch Hochwasser und umgestürzte Bäume unpassierbar. Am Samstagvormittag ging das Hochwasser aber allmählich wieder zurück, berichtete das Internetportal TVN24.

Im Norden Tschechiens traten mehrere Flüsse über die Ufer. Unter anderem musste auch ein Ferienlager für Kinder in Chribska in der Grenzregion zu Sachsen evakuiert werden, wie die Nachrichtenagentur CTK meldete. In der Slowakei wurde das bekannteste Open-Air-Festival des Landes, "Pohoda" in Trencin, wegen des Unwetters am Freitagabend unterbrochen.

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