TomKat:Drei Hochzeiten und ein Todesfall

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Die Welt blickt nach Italien: Tom Cruise und Katie Holmes werden in einem Schloss bei Rom heiraten. Doch nicht alle dort getrauten Paare wurden glücklich.

Stefan Ulrich

Der alte Antonio stützt sich auf die Balustrade des Rathausplatzes und schaut verzückt zu dem Renaissance-Schloss mit seinen Gräben, Mauern und Türmen hinüber. ,,Sonst ist hier um diese Jahreszeit alles tot'', sagt der Mann mit der Schiebermütze, ,,doch seit einigen Tagen ist in Bracciano wirklich was los.

Diese Hochzeit ist eine wunderbare Sache.'' So ähnlich sehen das die meisten Bürger der malerischen Kleinstadt in den Hügeln nördlich von Rom. Dabei war bis zuletzt unsicher, ob die Party steigen würde an diesen Samstag im Schloss. ,,Es hätte ja nur ein Werbegag sein können'', kichert Antonio. Doch nun ist die Sache quasi offiziell: ,,Die Hochzeit des Jahres in Bracciano'', steht auf der Internet-Seite der Gemeinde. Darunter prangt ein Foto von TomKat.

Wer TomKat noch nicht kennt, wird wohl an diesem Wochenende Notiz von dem Paar nehmen müssen. Denn in Bracciano sind Hundertschaften von Journalisten, Fotografen und Kameramännern eingefallen.

Auch die großen US-Fernsehsender sind gekommen. Sie wollen die Jubelbilder der Braut und ihres 16 Jahre älteren - und dafür fünf Zentimeter kleineren - Gatten in alle Welt ausstrahlen.

Doch noch ist nicht gesagt, dass die Reporter die beiden Hollywoodstars zu Gesicht bekommen. Denn wie so oft, wenn es um große Dinge geht, ist Geheimhaltung angeordnet. Schließlich gilt es, millionenteure Exklusivrechte zu schützen.

Brautwäsche für 3000 Dollar

Da Paparazzi aber von Hubschraubern aus in den Hof des Schlosses Odescalchi spähen könnten, haben TomKat - vulgo Tom Cruise und Katie Holmes - ein Überflugverbot beantragt. Doch der Präfekt von Rom beschied, ein solches Verbot werde nur bei Gefahren für die nationale Sicherheit erlassen. Offenbar hält er TomKat für nicht gefährdet genug.

Nun wird in Bracciano gemunkelt, das amerikanische Schauspielerpaar lasse den Hof mit Stoffen verhängen; oder Heißluftballons aufsteigen, um die Helikopter zu stören.

Gewissheit ist nicht zu erlangen, wie überhaupt die Ungewissheit diese Hochzeit umhüllt wie ein langer Schleier eine Braut. Schon vor Wochen kamen Gerüchte auf, Cruise und Holmes könnten das Wehr-Schloss über dem Bracciano-See für ihre Brautshow auserkoren haben.

Die beiden schwiegen, doch auf wundersame Weise wurden immer mehr Details bekannt. Die Medienwelt reagierte wie ein Dackel, dem ein Wurstzipfel hingehalten wird: Sie schnappte zu - und wollte mehr.

Ein klares Bild, wie die Hochzeit der bekennenden Scientologen abläuft, ist dabei nicht entstanden. Die vorhandenen Informationen aus oft unklarer Quelle aber geben einen Vorgeschmack.

Scientology-Hochzeit im Kerzenmeer

So sollen 6000 Duftkerzen die Säle des Schlosses erleuchten, in denen 250 Gäste die 2,5-Millionen-Euro-Hochzeit feiern. Allein Katies spitzenbesetzte Brautwäsche soll 3000 Dollar gekostet haben, der Büstenhalter fiel mit 440 Dollar ins Gewicht.

Auch die Gäste lässt man sich einiges kosten. Tom will ihnen angeblich 800 Euro teure Sonnenbrillen schenken, das Brautkleid könnte sie sonst blenden. Giorgio Armani findet es ,,elegant'', und der muss es wissen. Er hat es kreiert. Nur war lange unsicher, ob Katie hineinpasst.

Erst im April brachte sie Töchterchen Suri zur Welt. Der einstige Franziskaner-Schüler Cruise entwarf daher eigens eine Diät, die Katie in Brautform brachte. Dumm nur, dass Tom nun selbst ein paar Kilo zuviel für den Armani-Smoking auf den Rippen hat - wie es jedenfalls in Rom heißt.

Das Paar ist längst in der Kapitale eingetroffen und im Hotel Hassler über der Spanischen Treppe abgestiegen. Dort soll Cruise schon zwei früheren Ehefrauen ewige Treue versprochen haben.

Fremdgehen vertraglich geregelt

Diesmal schloss er mit Holmes einen Ehevertrag, wonach Fremdgehen im ersten Jahr mit fünf Millionen Dollar bestraft wird. Später wird es offenbar preiswerter. Katies Papa ist Scheidungsanwalt.

Bis Freitag waren auch viele Gäste in Rom angelangt. So wurden Jim Carrey, Will Smith und Jennifer Lopez gesichtet. Später sollte John Travolta mit Steven Spielberg an Bord seines Privatjets einfliegen. Angelina Jolie, Brad Pitt, George Clooney und die unvermeidlichen Beckhams feiern auch in Bracciano mit.

Von der heimischen Presse als ,,Woolworth-Royals'' verhöhnt, verfügen die Beckhams über einige Erfahrung im Ausstatten unangemessener Feste. Weshalb Victoria TomKat bei den Vorbereitungen unterstützt haben soll. Sogar Brooke Shields ist geladen, obwohl sie Tom Cruise einmal ein ,,komplettes Unwissen über die Wochenbettdepression'' vorgeworfen hat.

Gattenmord im Schloss

Das Licht der Stars wird Tom Cruise wohl gut tun. Schließlich litt sein Ansehen wegen der Werbefeldzüge für Scientology. Die Hochzeit kommt da gerade Recht. Wobei Bracciano nicht allen Paaren Glück brachte: Die Ehen von Isabella Rossellini und Martin Scorsese sowie von Michelle Hunziker und Eros Ramazzotti hielten nur kurz.

Auch der schönen Isabella de'Medici brachte das Schloss kein Glück. Sie wurde im 16. Jahrhundert von ihrem Gatten umgebracht. Zuvor aber soll sich Isabella im Castello amüsiert haben. Noch heute ist in ihrem Gemach eine Tapetentür zu sehen. Sie führt zu einer Fallgrube, in der Isabella, der Legende nach, ihre Liebhaber entsorgte.

Warum also haben Tom und Katie ausgerechnet Bracciano gewählt? Giuliano Sala, der lange Bürgermeister des Ortes war, wiegt den Kopf. Dann nennt er das prächtige Schloss und seine herrliche Lage über dem See.

Werbung für Bracciano

Entscheidend sei aber die 36 Jahre alte Schlossherrin gewesen. ,,Die Principessa Maria Pace Odescalchi ist eine intelligente Frau mit Unternehmergeist und Beziehungen'', sagt Sala, ein Freund der Prinzessin. Sie habe das Schloss mit Leben erfüllt und wohl die Hollywood-Hochzeit hierher gebracht. ,,Prima Werbung für unseren Ort.''

Glaubt man der Klatsch-Presse, dann fiebert Bracciano TomKat entgegen wie weiland Marktl dem Papst. Auch sollen bereits Fensterplätze an Schaulustige vermietet worden sein.

Doch ganz so ist es auch nicht. Zwar wurden Rabatten gepflegt, Straßen gesäubert, Schaufenster geschmückt und die Zahl der Ortspolizisten verdoppelt. Auch ließ die Bürgermeisterin ein ,,Krisenzentrum'' einrichten, was zur Hollywood-Ehe durchaus passt. Ansonsten aber bot Bracciano am Freitag ein gelassenes Bild. Von einem ,,Belagerungszustand'', den Italiens Zeitungen ausmachten, war noch nichts zu spüren.

An diesem Samstag aber werden Zehntausende Schaulustige erwartet. Alvise Nobile allerdings, der sonst Andenken vor dem Schloss verkauft, wird fehlen. Den Rummel um die Hochzeit will er sich nicht antun. ,,Schließlich kann ich die Typen jeden Abend im Fernsehen sehen.''

© SZ vom 18.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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