Tötungsserie von Sonthofen:"Opfer selbstherrlich ausgewählt"

Mord oder nicht Mord? Darum geht es bei dem am Dienstag eröffneten Prozess gegen den Pfleger, der im Krankenhaus von Sonthofen 29 Patienten zu Tode gespritzt haben soll. Der 27-Jährige will aus Mitleid gehandelt haben, die Staatsanwaltschaft geht von Heimtücke aus.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 27 Jahre alten Stephan L. deshalb 16-fachen Mord, zwölffachen Totschlag und einen Fall von Tötung auf Verlangen vor. Von Anfang 2003 bis Mitte 2004 soll L. seine Opfer mit einem Medikamenten-Mix zu Tode gespritzt haben.

Außerdem ist er wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahl angeklagt. Die Tötungsserie ist in der deutschen Nachkriegsgeschichte beispiellos.

L. hatte einen Teil der Fälle nach seiner Festnahme im Juli 2004 gestanden. Als Motiv gab der Mann an, er habe die meist schwer kranken Patienten "erlösen" wollen. Dagegen sieht die Staatsanwaltschaft bei dem als voll schuldfähig eingestuften Pfleger die Mordmerkmale der Heimtücke und der niederen Beweggründe erfüllt.

Abfällige Äußerungen

Sie begründet dies vor allem damit, dass ein Teil der Opfer nicht lebensbedrohlich erkrankt war und bereits kurz vor der Entlassung aus dem Krankenhaus gestanden hatte. Außerdem soll L. einige der Patienten gar nicht als Pfleger betreut haben und sie dennoch "selbstherrlich" getötet haben. Er habe sich gegenüber Kollegen auch abfällig über seine Opfer geäußert.

Zu dem Prozess sind insgesamt 87 Zeugen geladen, das Gericht hat bis Ende Mai 22 Prozesstage angesetzt. Für die umfassende Beweisaufnahme hatte die Staatsanwaltschaft 42 Leichen exhumieren lassen, was zum Teil auf erhebliche Widerstände der Angehörigen gestoßen war.

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