Tödliche Hausgeburt:Hebamme zu fast sieben Jahren Haft verurteilt

  • Eine Hebamme wurde nach einer tödlichen Hausgeburt zu fast sieben Jahren Haft verurteilt.
  • Trotz schwerer Komplikationen hat sie die werdende Mutter nicht in ein Krankenhaus bringen lassen.
  • Das Kind war bei der Geburt erstickt.

Was bei der Geburt passierte

17 Stunden lang hat eine Frau in Unna in den Wehen gelegen. Von morgens um fünf bis abends um 22 Uhr versuchte sie, ihre Tochter auf die Welt zu bringen, doch als sie das Baby endlich in den Armen hielt, atmete die kleine Greta nicht mehr. Sie war bei der Geburt im Juni 2008 erstickt.

Die Richter am Dortmunder Schwurgericht gaben der bei der Hausgeburt anwesenden Hebamme und Ärztin die Schuld an dem Tod des Babys. An diesem Mittwoch wurde sie wegen Totschlags zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Außerdem darf die 60-Jährige nie wieder als Ärztin praktizieren.

Obwohl die Angeklagte wusste, dass die Geburt wegen einer riskanten Beckenendlage schwierig werden würde, hatte sie für die Mutter aus Prinzip keine Verlegung in ein Krankenhaus veranlasst, so die Überzeugung der Richter. "Und dass trotz der Erkenntnis, dass sich Mutter und Kind in erheblicher Gefahr befanden und weder ein tödlicher Ausgang noch ein Ausgang mit schweren Schäden auszuschließen war", sagte einer der Richter. Damit habe sie gegen berufsrechtliche Regeln verstoßen und "unverantwortlich" gehandelt.

Greta hätte nicht sterben müssen

Wäre die Geburtshelferin ihrer medizinischen Verantwortung gerecht geworden, würde Greta heute höchstwahrscheinlich noch leben. Wie ein medizinischer Gutachter im Prozess erklärte, hätte das Baby gerettet werden können, wenn die Mutter um 19:30 Uhr für einen Kaiserschnitt in eine Klinik gekommen wäre.

Das Baby sei eindeutig an Sauerstoffmangel gestorben, lautet die Einschätzung der Gutachter. Die Angeklagte behauptete hingegen bis zuletzt, dass es andere Ursachen für den Tod geben müsse und dass das Baby möglicherweise ohnehin nicht lebensfähig gewesen wäre.

Mutter extra aus Lettland angereist

Die Mutter des toten Kindes war eine überzeugte Anhängerin von Hausgeburten. Weil sie ihr Kind nicht in einem Krankenhaus gebären wollte, hatte sie sich gezielt an die Angeklagte gewandt, von der sie wusste, dass sie auch Hausgeburten bei Beckenendlagen begleitete. Für die Geburt vor sechs Jahren im Juni 2008 war die werdende Mutter hochschwanger aus Lettland angereist und hatte sich ein Hotelzimmer in Unna reserviert.

"Wir haben uns natürlich Gedanken gemacht, ob alles gut ist. Aber ich habe nie daran gedacht, dass meine Tochter sterben könnte", sagte die Mutter des toten Kindes den Richtern im Zeugenstand.

Neben der Haftstrafe muss die Hebamme und Ärztin den Eltern etwa 50.000 Euro Schmerzensgeld zahlen und finanziell für 85 Prozent aller psychischen Folgeschäden aufkommen.

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