Tod der Muse von Jacques Brel:Adieu Madeleine!

Sie inspirierte Jacques Brel zu seinem größten Chanson. Jetzt nahm sich Madeleine Zeffa Biver in Spanien das Leben - mit fremder Hilfe, sagt ihr Sohn. Das hat eine Debatte über aktive Sterbehilfe ausgelöst.

Marko Belser

Sie war Unterwäschemodel, Restaurantbesitzerin und bereits als Teenagerin mit einem französischen Söldner verheiratet. Aber vor allem war Madeleine Zeffa Biver die Muse des großen Chansoniers Jacques Brel. Sie inspirierte ihn zu seinem vielleicht berühmtesten Lied, "Madeleine", in dem es heißt: "Madeleine c'est mon Noël /C'est mon Amérique à moi." Was für eine schöne Liebeserklärung: Sie war Brels Weihnachten und sein Amerika.

madeleine zeffa biver

Madeleine Zeffa Biver

Jetzt ist Madame Zeffa Biver in Alicante gestorben und hat in Spanien eine Kontroverse über Sterbehilfe ausgelöst.

Ihr Sohn Domingo Biver hat ein Gericht aufgefordert, zu ermitteln, wer seiner Mutter bei ihrem Selbstmord half. Seit fünf Jahren litt Madeleine Zeffa Biver an amyotropher Lateralsklerose (ALS), der sogenannten Lou-Gehrig-Krankheit, und konnte sich nur noch im Rollstuhl fortbewegen.

Vor ihrem freiwilligen Tod am Freitag vergangener Woche hatte sie sich in einem Brief an die spanische Zeitung El País gewandt.

Sie wolle in Würde sterben, hieß es darin. Aus ihrem Strandhaus in Alicante schrieb die 69-Jährige: "Ich will mit erhobenem Kopf sterben und sende Küsse an die, die mir mit ihrer Liebe und ihren Worten geholfen haben. Dies ist kein Verbrechen. Es ist kein Mord."

Jedoch ist es im katholischen Spanien illegal, jemandem bei einem Selbstmord zu helfen. Mit bis zu zehn Jahren Haft kann ein solches Vergehen geahndet werden. Zwei Mitglieder des spanischen Vereins "Recht auf einen würdevollen Tod" waren trotzdem bei Bivers Freitod anwesend. Es sei nicht kriminell, jemanden moralisch zu unterstützen, der sich umbringen wolle, sagte der Vereinsvorsitzende Fernando Marin.

Das sieht Domingo Biver ganz anders. Zwar habe es Phasen gegeben, in denen seine Mutter über Selbstmord sprach - aber wenig später hätte sie diese dunklen Gedanken wieder vergessen."Ich denke diese Leute haben sie ermutigt zu sterben", sagte er.

Fixstern des Pariser Nachtlebens

Die Lou-Gehrig-Krankheit versetzte Madame Biver, nach eigenen Angaben, in "einen Körper wie ein verkochtes Stück Spaghetti." Damit verliefen ihre letzten Jahre im krassen Kontrast zu ihrem aufregenden Leben zuvor.

Als sechsjährige Waise - die Eltern, ein französischer Kommunist, die Mutter Jüdin, starben während des Zweiten Weltkrieges - floh sie aus dem besetzten Paris. Später wurde sie von ihrer Tante auf ein Internat geschickt. Dort brach sie aus und heiratete im zarten Alter von 15.

Nachdem sie sich nur vier Jahre später scheiden ließ, avancierte sie in den 50er-Jahren zum Fixstern des ausschweifenden Pariser Nachlebens. Sie war mit illustren Künstlern wie dem Sänger und Songwriter Georges Brassens befreundet. Und natürlich mit dem großen Jacques Brel.

Einmal versetzte sie ihn. Daraufhin schrieb der belgische Sänger sein Lied, wie er auf Madeleine im Regen wartet. Als er es das erste Mal in ihrer Gegenwart gesungen habe, erinnerte sich Biver, fragte Brel: "Kommt Dir das nicht irgendwie bekannt vor?"

Mit ihrem späteren Mann zog sie nach Alicante. Dort eröffnete Madame Biver das erste französische Restaurant der Region und wurde während der Franco-Diktatur von der Polizei angehalten. Sie hatte einen Minirock getragen.

Als bei ihr die tödliche motorneuronische Störung diagnostiziert wurde, trat sie dem Verein "Recht auf einen würdevollen Tod" bei. "Wo ist die Freiheit hingekommen, wenn Leute, die einem helfen, physische und mentalen Frieden zu finden, vom Staat verfolgt werden?", fragte sie in ihrem letzten Brief.

Die kommunistische "Vereinigte Linke"(IU) hat unmittelbar nach Bivers Tod die Legalisierung der Sterbehilfe gefordert. Allerdings wurde dieser Vorschlag von der sozialistischen Regierung abgelehnt.

Nun ermitteln die Gerichte im Fall "Madeleine".

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