Terroranschläge in Brüssel:Wer sind die Opfer von Brüssel?

Brussels terror attacks aftermath

Auch am Donnerstag versammeln sich die Brüsseler am Börsenplatz, um der Opfer der Anschläge zu gedenken.

(Foto: dpa)
  • Die Opfer der Brüsseler Anschläge sollen aus etwa 40 verschiedenen Nationen kommen. Die wenigsten von ihnen sind bislang identifiziert.
  • Ein schwer verletzter Deutscher soll sich in einem Krankenhaus der belgischen Hauptstadt befinden.
  • Dass auch unter den Todesopfern deutsche Staatsangehörige sind, kann das Auswärtige Amt bislang nicht ausschließen.

Von Kathleen Hildebrand und Paul Munzinger, Brüssel

Der Börsenplatz im Herzen Brüssels ist zum Zentrum des Gedenkens an die Opfer der Terroranschläge geworden. Mit bunter Kreide haben die Menschen Hunderte Botschaften auf den Boden geschrieben. Dazwischen liegen Inseln aus Kerzen, Blumen, Bildern und Flaggen aus aller Welt: aus Belgien, Israel, der Türkei, Rumänien, Spanien.

"Wenn man sieht, was im Namen Gottes getan wird, dann fragt man sich, was noch für den Teufel bleibt", hat jemand auf ein Blatt Papier geschrieben. "Ihr habt sie nicht getötet", steht auf einem anderen. "Schaut den Himmel an, dort seht ihr Sterne, die neu geboren wurden." Immer wieder ist auch dieses Plakat zu sehen, festgeklebt an Laternenmasten, Absperrgittern, Mülleimern: Haben Sie diese Frau gesehen?, steht dort, drei Fotos zeigen eine 29-Jährige mit braunen Haaren und Brille, die am Dienstagmorgen in die Metro gestiegen ist und seither nicht mehr gesehen wurde. Darunter eine Telefonnummer. "Jeder Hinweis ist willkommen."

Die Identifikation der Opfer ist schwierig

Zwei Tage nach den Anschlägen sind die meisten der mindestens 31 Opfer noch nicht identifiziert. Erste Namen werden vermeldet, eine Peruanerin soll gestorben sein, ein 20-jähriger Student aus Brüssel, eine Frau aus Marokko. Angehörige von vermissten Menschen müssen jetzt mit der Ungewissheit fertig werden, was mit der Freundin, dem Vater, dem Sohn, der Kollegin geschehen ist. Ob sie zu den Opfern gehören, ob sie in einem Krankenhaus um ihr Leben kämpfen, kaum etwas ist bekannt. Auch auf Facebook haben zahlreiche Angehörige Suchanzeigen veröffentlicht.

Neuigkeiten über die Identität der Opfer gibt es nur vereinzelt. Und das hat seinen Grund. Michael Jonniaux, Sprecher der belgischen Bundespolizei, sagte gegenüber dem belgischen Rundfunksender RTBF, dass die Identifikation der Opfer schwierig sei, "weil die Explosionen besonders heftig waren und weil viele der Opfer Ausländer sind." Man dürfe sich bei der Identifikation nicht den geringsten Fehler erlauben, sagte er weiter, auch wenn die Angehörigen der Opfer natürlich das Recht hätten, ihren Angehörigen so bald wie möglich die letzte Ehre zu erweisen.

Laut dem belgischen Außenminister Didier Reynders kommen die Toten und etwa 300 Verletzten der Brüsseler Anschläge aus ungefähr vierzig verschiedenen Ländern. Am Donnerstag hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin, dass sich ein schwer verletzter Deutscher in Belgien im Krankenhaus befinde. Die anderen verletzten Bundesbürger hätten die Krankenhäuser wieder verlassen. Eine genaue Zahl wurde nicht genannt, sie liege im einstelligen Bereich.

Keine Entwarnung aus dem Auswärtigen Amt

Entwarnung kann im Auswärtigen Amt jedoch niemand geben. Gesicherte Erkenntnisse über deutsche Todesopfer gibt es auch am Donnerstag noch nicht: "Nach allen uns bisher vorliegenden Informationen können wir leider nicht ausschließen", heißt es aus dem Auswärtigen Amt, "dass auch Deutsche bei den Terroranschlägen ums Leben gekommen sind."

Die französische Tageszeitung Le Monde schreibt, dass es sich bei dem Deutschen, der noch immer mit schweren Verletzungen in einem Brüsseler Krankenhaus liegt, um einen 30-jährigen Krankenpfleger handele. Seine Frau werde noch vermisst. "Es ist nicht auszuschließen, dass sie sich unter den noch nicht identifizierten Opfern des Anschlags befindet", teilte die Aachener Polizei am Donnerstag mit.

Ein 19-Jähriger, der schon zwei terroristische Angriffe überlebt hat

Die Gesichter des Anschlags sind momentan andere. Da ist zum Beispiel der 19-jährige Amerikaner Mason Wells aus Utah, der den Anschlag am Brüsseler Flughafen überlebt hat. Er wurde von Splittern getroffen und erlitt Verbrennungen im Gesicht und an den Händen. Seine Geschichte ist seit Dienstag in vielen Medienberichten zu lesen, weil sie zeigt, was gegen alle Wahrscheinlichkeit zu sprechen scheint: Der junge Mann war im vergangenen November während der Attentate in Paris in Frankreich - und nur einen Häuserblock entfernt, als am 13. Mai 2013 die Bomben des Attentats auf den Bostoner Marathon explodierten.

Auch Fotos des belgischen Basketballspielers Sebastien Bellin gingen um die Welt. Er wurde am Flughafen schwer am Bein verletzt, nachdem die Wucht einer Explosion ihn durch die Luft geschleudert hatte - so schilderte es Bellins Vater gegenüber CNN. Medienberichten zufolge wird er am Donnerstag in einem Brüsseler Krankenhaus operiert.

Zum Symbol des brutalen Angriffs auf den Brüsseler Flughafen wurde jedoch ein anderes Foto. Es zeigt eine Frau, von Staub bedeckt und an der Stirn blutend. Sie blickt so verstört aus dem Bild hinaus, dass man zu erkennen glaubt, wie schockierend, wie unbegreiflich das ist, was sie gerade erlebt hat. Die Frau ist Nidhi Chaphekar aus Mumbai, Mitarbeiterin einer indischen Fluggesellschaft. Auch sie wurde am Dienstag verletzt. Laut einem Bericht der Times of India wird Nidhi Chaphekar derzeit in einem Antwerpener Krankenhaus behandelt. Die Zeitung zitiert ihren Ehemenann mit einem Wunsch, den wohl alle Angehörigen der in Brüssel Vermissten nachempfinden können: "Wir hoffen, dass wir bald mit ihr sprechen können."

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