Terror in Sao Paulo:Im Visier mordender Banden

Die Welle der Gewalt in Brasilien dauert an: Bisher wurden bei der größten Offensive der Drogenmafia in der Geschichte des Landes mindestens 67 Menschen getötet.

Nach amtlichen Angaben wurden zwischen Freitag- und Sonntagabend (Ortszeit) in der Wirtschaftsmetropole Sao Paulo sowie in anderen Gemeinden des gleichnamigen Bundeslandes etwa 150 Anschläge auf Sicherheitsbeamte, Polizei- und Militäranlagen sowie auf öffentliche Einrichtungen verübt. Außerdem sei die Mafia für noch am Sonntagabend andauernde Revolten in etwa 60 Gefängnissen verantwortlich, hieß es.

Streitkräfte einsatzbereit

Die Aktionen seien eine Antwort krimineller Banden auf die Zwangsverlegung von etwa 740 Häftlingen in den vergangenen Tagen, teilten die Behörden mit. Dabei waren unter anderem auch mindestens acht ranghohe Mafiabosse isoliert worden. Die Zentralregierung in Brasilia stellte unterdessen dem Bundesland Sao Paulo die Bundespolizei und die Streitkräfte zur Verfügung.

Nach seiner Teilnahme am EU-Lateinamerika-Gipfel in Wien und einem Staatsbesuch in Österreich wurde Staatspräsident Luiz Inacio Lula erst im Laufe des Montags wieder in Brasilien erwartet.

Besucher als Geisel

Hunderte von Gefängnis-Besuchern wurden am Sonntag von etwa 30.000 revoltierenden Insassen als Geiseln festgehalten. Bei den getöteten Menschen handele es sich unter anderem um 35 Polizisten und Gefängniswärter, 3 unbeteiligte Zivilisten sowie 14 mutmaßliche Verbrecher, hieß es. Außerdem seien bei den Revolten in den Gefängnissen mindestens 15 Menschen gestorben.

Es seien mindestens 60 Verletzte und 20 Festnahmen registriert worden. Hinter den Anschlägen wird die Mafiagruppe "Primeiro Comando da Capital" (PCC, Erstes Hauptstadt-Kommando) vermutet. Das PCC wird vor allem von inhaftierten Drogenbossen angeführt. Es wurden den Angaben nach mindestens 100 Anschläge auf Polizeiwachen, Militäranlagen und Streifenwagen sowie auch auf Gefängniswachhäuser verübt. Dabei wurden unter anderem Maschinenpistolen und Handgranaten benutzt.

"Das ist eine Verzweiflungstat"

Am Sonntag wurden auch 35 Nahverkehrsbusse und eine Bankfiliale in Brand gesetzt. Der Gouverneur des Bundeslandes Sao Paulo, Claudio Lembo, erklärte, man werde sich dem Organisierten Verbrechen nicht beugen. "Solche Aktionen von Verbrechern werden nie zum Erfolg führen. Das ist eine Verzweiflungstat", versicherte der Sicherheitsminister des Landes Sao Paulo, Saulo de Castro Abreu Filho.

Der Präsident der Abgeordnetenkammer in Brasilia, Aldo Rebelo, zeigte sich allerdings skeptischer. "Wenn die Sicherheitssysteme von Gemeinden, Bund und Ländern in Brasilien nicht zusammengeführt werden, haben wir der Mafia wenig entgegenzusetzen", sagte er. Medien berichteten, zahlreiche Straßen der Stadt Sao Paulo seien am Wochenende von schwer bewaffneten Polizeieinheiten abgesperrt worden. Zudem seien wichtige Gebäude wie die Polizeizentrale unter besonders stark bewacht worden.

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